Kaum noch Perspektiven

Dem flachen Land droht der Ärzte-Notstand - das wird immer offensichtlicher. Für junge Leute ist es unattraktiv geworden, zwischen Dorfkneipe und Kirchturm eine kleine Praxis zu betreiben und als Landarzt über die Dörfer zu fahren.

Vor dem Hintergrund gesundheitspolitischer Verunsicherung mit Mangel an Perspektiven und fehlender monetärer Sicherheit verzichten viele Abiturienten deshalb auf ein aufwändiges Medizin-Studium. Wer hat denn auch schon Lust darauf, sich sechs oder sieben Jahre auf der Universität zu quälen in der Sorge, ob sich Büffeln und Entbehrung wirklich lohnen? Die Möglichkeit, zwischen zwei Golfabschlägen noch schnell die eine oder andere gut dotierte Diagnose zu stellen, ist jedenfalls längst Vergangenheit. Unregelmäßige Arbeitszeiten, permanenter Reformstress und dazu noch der Kampf gegen das eigene, unverschuldete Image nagen an einem kompletten Berufsstand. Die Tatsache, dass viele junge Leute ins Ausland gehen, während die medizinische Versorgung im eigenen Land vor sich hin dümpelt, lässt diese Entwicklung zu einem grotesken Ereignis werden. Denn schon allein die demografische Entwicklung mit einer auf dem Kopf stehenden Alterspyramide könnte die Aussicht auf gut gefüllte Praxen eröffnen. Die derzeitige Lage bedeutet in ihrer Konsequenz, dass kranke Menschen auf dem Lande schon bald unterversorgt sein werden. Deshalb ist es an der Zeit, eine offensive Diskussion zu führen, die nicht nur aufrüttelt, sondern auch den Fürsorgegedanken in den Mittelpunkt stellt - sowohl zugunsten ambitionierter Mediziner, als auch im Sinne der Landbevölkerung, die nicht als Menschen zweiter Klasse behandelt werden möchte. m.reuter@volksfreund.de

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