Kein Fall fürs Gericht

"Vorwurf der Lüge unter Politikern rechtlich erlaubt", titelte die Deutsche Presse-Agentur gestern nach der Bekanntgabe des Urteils im Rechtsstreit der Ockfener "Kampfhähne" Krewer und Benzmüller. Was Nicht-Eingeweihte womöglich auf den ersten Blick aufschrecken lässt - nach dem Motto "Jetzt dürfen die da oben auch offiziell lügen" - ist tatsächlich ein Urteil, das "dem gesunden Menschenverstand" und der Vernunft Priorität einräumt.

Der Appell an die Vernunft scheint dringend geboten in einem Rechtsstreit mit langer Vorgeschichte, in dem der Kläger unnachgiebig um eine vermeintliche Ehrenrettung kämpft. Im Fall von Hubert Krewer, gegen den die Staatsanwaltschaft Trier wegen des Verdachtes auf gefährliche Körperverletzung ermittelt und das Strafverfahren gegen Zahlung einer Geldbuße von 1800 Euro eingestellt hat, wird die Frage der Ehre aus Bürger-Sicht sicherlich nicht über den jüngsten Rechtsstreit entschieden. Vernünftig ist das Urteil aber auch über den konkreten Fall hinaus - als Richtschnur für alle in der Politik Aktiven. Das Gericht hat mit seiner Einschätzung auf den Punkt gebracht, was selbst politisch desinteressierten Menschen nicht neu sein dürfte: Unterstellungen, Vorwürfe - auch die der Lüge - und Beleidigungen sind längst Teil des politischen Rituals. Das muss man zwar keineswegs gut heißen und ist sicher nicht Zeichen einer besonderen Streit-Kultur. Ganz sicher müssen diese Auseinandersetzungen aber nicht auch noch von Gerichten gelöst werden, die ohnehin durch ein Klima allgemeiner Klage- und Prozess-Freude überlastet sind. Gerade auf Gemeinde-Ebene sollten die Bürger von "ihren Vertretern" erwarten können, dass sie es schaffen, sich ohne Schlichter in schwarzen Roben zu verständigen. s.windfuhr@volksfreund.de

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