Kein Grund zur Schadenfreude

Nicht Wenige in der Weinwirtschaft werden sich nach dem Coup des rheinhessischen Winzers ins Fäustchen lachen. Vor allem diejenigen, die wie ihr Kollege schon öfters versucht haben, fehlerhafte Weine durch die Prüfung zu schleusen, bei den Prüfern aber stets auf Granit bissen.

Wenn jetzt einige die sensorische Prüfung am liebsten ganz abschaffen würden, ist höchste Vorsicht geboten. Kein Zweifel: Es gibt berechtigte Kritik. Da sind zum Einen die Kosten. Bei großen Kellereien fallen dafür mehrere hunderttausend Euro pro Jahr an. Da ist zum Anderen der bürokratische Aufwand - von der Laboruntersuchung über das Ausfüllen mehrerer Formulare bis zum Verschicken der Proben. Und da ist natürlich das subjektive Urteil des Prüfers, der schon mal einen schlechten Tag erwischen kann. "Die können ja nicht mal billigen Auslandswein von deutschem Qualitätswein unterscheiden", werden die Kritiker sagen. Aber: Auch die berühmtesten "Weinpäpste" können da schon mal versagen. Die provokante Aktion des rheinhessischen Winzers beweist nicht, dass die Qualitätsweinprüfung nichts taugt. Sie zeigt vielmehr, dass preiswerte Auslandsweine gar nicht so schlecht sind und die Abfüller bestrebt sind, den "deutschen Weingeschmack" zu treffen. Die Qualitätsweinprüfung kann keine bestimmte Geschmacksrichtung vorgeben, sie kann nur versuchen, eine Mindestqualität zu sichern. Und das ist nicht wenig. Winzer und Kellereien sollten jetzt nicht ihre Energie darauf verschwenden, gegen das Prüfsystem zu Felde zu ziehen, sondern weiter mit Qualitätsanstrengungen an einem guten Image für deutsche Weine arbeiten. w.simon@volksfreund.de

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