Kein Königsweg in Sicht

Wer Vollzeit arbeitet, muss genug Geld im Portemonnaie haben, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Alles andere ist menschenunwürdig. Das haben Politiker aller Parteien erkannt - und streiten über den Weg dorthin.

Vor allem zwei Schlagworte fallen dabei: Mindestlohn und Kombilohn. Das Prinzip des Mindestlohns ist einfach: Der Staat definiert eine Untergrenze für Stundenlöhne, die eine Branche nicht unterschreiten darf. Das birgt Risiken. Gerade in schlecht bezahlten Berufen bewegen sich die Löhne im Zeitalter der Globalisierung tendenziell nach unten - bei einem Mindestlohn könnten solche Wirtschaftszweige nicht mehr flexibel reagieren. Beim Kombilohn werden, vereinfacht gesagt, niedrige Einkommen durch staatliche Zuschüsse aufgestockt. Das könnte nicht nur Geringverdienern helfen, sondern auch die Schaffung von Arbeitsplätzen im Niedriglohnsektor begünstigen - also für wenig qualifizierte Menschen, die einen großen Teil der Langzeitarbeitslosen ausmachen. Die Kehrseite: Es besteht die Gefahr, dass Arbeitgeber besser bezahlte Tätigkeiten durch Niedriglohn-Jobs ersetzen. Dann entstünde kein Effekt für den Arbeitsmarkt, und die Sozialausgaben schnellten wegen der Lohnzuschüsse in die Höhe. Mindest- und Kombilohn sollten nicht als konkurrierende Modelle betrachtet, sondern miteinander verzahnt werden. Ein sensibel gestalteter Kombilohn, der Mitnahme-Effekte weitgehend ausschließt, verbunden mit moderaten Mindestlöhnen, die Lohndumping ins Unermessliche Grenzen setzen, dürften Geringverdiener und Langzeitarbeitslose am weitesten voran bringen. Die jüngste Einigung der Großen Koalition auf Kombilohn-Modelle für besondere Problemgruppen ist ein Schritt in die richtige Richtung. Nun gilt es, auch beim Mindestlohn rasch einen Kompromiss zu finden. Denn die Probleme sind zu komplex, als dass eine einzige Maßnahme sie lösen könnte. Zur Reform des Niedriglohnsektors führt kein Königsweg. i.kreutz@volksfreund.de

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