Kein Konzept

Mehr als 18 000 Studierende, knapp 4000 junge Neubürger in Trier, Birkenfeld und Idar-Ober-stein - was dem Oberbürgermeister als Segen erscheinen wird, verleitet die Verantwortlichen in den beiden Trierer Hochschulen keineswegs mehr zu Freudensprüngen.

Wer soll die vielen Leute unterrichten, betreuen, prüfen? Zwar hat die Hochschule, allen voran der Präsident, durch das neue Landeshochschulgesetz deutlich mehr Freiheiten erhalten, die Finanzmittel einzusetzen. Doch für zusätzliche Stellen oder Lehraufträge fehlt an vielen Ecken das Geld. Überfüllte Fächer, fehlende Seminarplätze und Bearbeitungsstaus in den Bafög-Ämtern prägen das Bild. Und so geschieht das, was politisch gerade nicht gewollt ist: Die Hochschulen diskutieren, wie sie den Andrang beschränken und nur die besten Bewerber aussieben können. Mit der Folge, dass das Studium - allen gegenteiligen Bekenntnissen zum Trotz - länger wird statt kürzer. Das Signal an künftige Abiturienten ist widersprüchlich: Sie werden zum Studium ermuntert, doch die Verhältnisse an den Hochschulen wirken eher abschreckend. Wissenschaftsminister Zöllner hat vor einigen Wochen unumwunden zugegeben, dass die Hochschulen "an der Grenze der Belastbarkeit" stehen. Mehr Geld bekommen sie deswegen nicht. Weniger als letztes Jahr immerhin auch nicht. Und wenn man dieser Tage in die Hauptstadt oder in andere Bundesländer blickt, wo dramatische Kürzungen bei Personal und Studienplätzen anstehen, stellt man fest, dass es noch schlimmer hätte kommen können. Kann man sich damit abfinden? Keineswegs. Als die OECD ihre jüngste Bildungsstudie vorlegte, in der Deutschland bei der Zahl der Abiturienten, Studierenden und Akademiker deutlich unter dem Durchschnitt liegt, ebenso bei den Bildungsausgaben gemessen am Bruttoinlandsprodukt, da häuften sich die Lippenbekenntnisse für mehr Studierende und die Verbesserung der Studienbedingungen. Auch die Einführung der neuen Hochschulgesetze samt Einführung von Studienkonten, Gebühren für Langzeitstudenten und neuen Studiengängen zielte darauf, dass Studieren in Deutschland kürzer und attraktiver wird. Das Traurige ist, dass es keinerlei Konzept zu geben scheint, wie mit den absehbar steigenden Studierendenzahlen umgegangen werden soll. Das Signal, Abiturienten zum Studium aufzufordern, sie dann aber ohne neue Angebote einfach in die überlasteten Hochschulen zu stopfen, ist alles andere als zukunftsweisend. Dabei sind die Ausgaben für die Hochschulen Investitionen. Die jetzt jungen Leute entscheiden über die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft, die Sicherung des Wohlstands unserer Gesellschaft und damit über die Zukunft. a.heucher@volksfreund.de

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