Kein Ruhmesblatt

Es gehört zu den Mysterien der deutschen Ausländerpolitik, lautstark eine "Einwanderung in die Sozialsysteme" zu beklagen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass viele Ausländer zur Sicherung ihres Einkommens gar nicht arbeiten dürfen.

Wenigstens mit diesem Widersinn macht der Kompromiss zum Bleiberecht nun Schluss. Mit Ruhm haben sich Bund und Länder trotzdem nicht bekleckert. Denn für viele potenzielle Anwärter wird die Zeit zum Nachweis einer längeren Tätigkeit schlicht zu kurz sein, um ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Deutschland zu erlangen. Es handelt sich um Menschen, in deren Heimat Krieg herrscht, die von Folter oder gar Tod bedroht sind und die aus humanitären Gründen eine Bleibe in Deutschland fanden. Nicht selten sind ihre Kinder hier geboren und kennen das Herkunftsland ihrer Eltern allenfalls vom Hören-Sagen. Trotzdem müssen die Familien damit rechnen, aus Deutschland abgeschoben zu werden. Als "Geduldete" sind sie ein Provisorium, was sich vor allem in ihren stark eingeschränkten Rechten niederschlägt. Umso mehr ist es zu begrüßen, dass der Aufenthaltsstatus dieser verhältnismäßig kleinen Gruppe zwecks einer Arbeitssuche nun deutlich aufgewertet wird. Und umso absurder klingt es, wenn Edmund Stoiber dabei das Gespenst vom Sozialschmarotzertum an die Wand malt. Natürlich ist die Neuregelung besser als Nichts. Aber sie ist eben auch ein abschreckendes Beispiel dafür, wie ein notwendiges Vorhaben im politischen Räderwerk auf Zwergenmaß schrumpfen kann. Besonders Bayern hat sich dabei unrühmlich hervor getan. Der Chef der Christsozialen wollte wohl noch ein Achtungszeichen setzen. Wofür? Für das Prinzip christlicher Nächstenliebe bestimmt nicht. nachrichten.red@volksfreund.de

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