Keine Antworten

Die große Debatte im Bundestag förderte gestern etwas Bemerkenswertes zu Tage: Die Politik insgesamt wird mehr und mehr zum Ritter von der traurigen Gestalt, der an den Windmühlenflügeln seines Selbstverständnisses zu scheitern droht.

Wo waren die Botschaften an die verunsicherten Menschen in Leipzig und anderswo im Osten, die die Hartz-Reformen zu Tausenden auf die Straße treibt? Wo waren die Signale für die Menschen im Ruhrgebiet oder anderswo im Westen, deren Zukunftsängste nicht minder dramatisch sind? Fehlanzeige auf der ganzen Linie. Gerhard Schröder arbeitet am Denkmal seiner selbst. Eine gute Rede hat er gehalten, die wie in Stein gemeißelt seinen Leuten verkündet, hier stehe ich, ich kann nicht anders. Respekt, man hat den Genossen angemerkt, dass sie beeindruckt waren von ihrem nicht sonderlich geliebten Bundeskanzler. Und Schröder hat Recht: Die Reformen waren längst überfällig. Aber die deutsche Wirklichkeit ist eben mehr als nur Hartz, der Kanzler vergisst das leider immer häufiger: Sie steht auch für Rekordschulden, Wachstumsschwäche, Jobmangel, Pleitewelle, Bildungsnotstand, Investitionsstau - die Fortsetzung ist kein Problem. Soll heißen, Gerhard Schröders Welt bietet auf vieles keine Antworten mehr. Oder zumindest den Versuch von Antworten. Der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel ergeht es jedoch nicht besser. Sie liegt zwar richtig, über die handwerkliche Umsetzung der Reformen durch die Regierenden kann man sich wunderbar ereifern. Aber auch Kritikerin Merkel sitzt tief in der Glaubwürdigkeitsklemme. Wenn sie nun nämlich die "neue Union” ausruft, sollte sie doch vorher mal klären, wofür die alte eigentlich stand. nachrichten.red@volksfreund.de

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