Keine Spur von Entwarnung

Bei ihrem ersten Blick in die Zukunft setzten die Statistiker vor fünf Jahren noch einen Paukenschlag: Nur noch drei statt vier Millionen Rheinland-Pfälzer im Jahr 2050, hieß die Botschaft, die tatsächlich wachrüttelte.

Nicht so sehr die schlafenden Paare, denn die Baby-Quote verzeichnete seitdem keinen merklichen Ausschlag. Doch zumindest viele Kommunalpolitiker haben seitdem deutlich mehr Gespür für zukunftsträchtige Themen und Lebensperspektiven ihrer Orte gewonnen.Von ihrer schlechtesten Aussicht sind die Herren der Zahlen bereits länger leise abgerückt. Dramatisch bleibt der Bevölkerungswandel gleichwohl: Etwas weniger in der Zahl der Einwohner, dafür aber umso mehr in den letztlich noch folgenreicheren Verschiebungen der Alterspyramide. Der aktuelle Bericht gibt vieles her, nur keine Entwarnung.Verschärft präsentiert sich das zeitnahe Lagebild sogar noch in einigen strukturschwachen Gebieten wie der Vulkaneifel. Sich irgendwo vorschnell von Gedanken an leere Straßenzüge, verödete Ortskerne oder sterbende Dörfer zu verabschieden und damit auch den Kampf gegen diese Folgeerscheinungen auf die leichtere Schulter zu nehmen, wäre fatal. Oft zeigt die Wirklichkeit anderes: Straßen, in denen jedes zweite Haus nur noch von einem Menschen bewohnt wird. Ortskerne, die langsam, aber stetig ihr Leben verlieren, weil Geschäfte und Kneipen schließen. Dorfgemeinschaften, deren Vereinsleben mangels Nachwuchs immer trister wird. Längst nicht alle Gemeinden haben geschickt auf die Herausforderung reagiert, sondern Konkurrenz zum Nachbarn geschürt, wo eher Kooperation angesagt ist. So entstanden nicht zuletzt teure neue Baugebiete, die dann auch noch nicht einmal als "Lockvogel" für junge Familien gezogen haben, statt auf innerörtliche Entwicklung zu setzen. Für viele Kommunen hat der Lernprozess erst begonnen. Regionale Schulentwicklungspläne müssen aufgestellt, Kindertagesstätten stärker im Verbund betrieben und Gewerbegebiete gemeinsam erschlossen werden.Wo bislang oft Kirchturmsdenken vorherrschte, wird man an einem Geben und Nehmen mit den Nachbarn nicht mehr vorbei können. Die geplante Reform der Schullandschaft sowie von Verwaltungs- und Kommunalstrukturen wird zeigen, wie einigungsfähig alle Seiten angesichts der gravierenden Umwälzungen sind. Mangelnde Einsicht und Solidarität käme nicht nur teuer, sie würden zum Nachteil aller nur kommunalen Zwist schüren. j.winkler@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort