Klimakiller auf vier Rädern

Pyrrhus, König von Epirus, besiegte zwar 279 vor Christus die Römer in der Schlacht bei Asculum, der Sieg war aber mit derart hohen Verlusten verbunden, dass er anschließend gesagt haben soll: "Noch so ein Sieg, und wir sind verloren." Auch Angela Merkel, Bundeskanzlerin und Günter Verheugen, deutscher EU-Industriekommissar, haben zusammen mit einem Heer deutscher Autolobbyisten gestern eine Schlacht gewonnen: Statt auf 120 Gramm je Kilometer müssen die europäischen Autohersteller den Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids bei Neuwagen bis 2012 nur auf 130 Gramm reduzieren.

Derzeit bläst die europäische Autoflotte im Schnitt 163 Gramm je Kilometer in die Luft. Besonders die deutschen Autobauer dürfen ihrer Feldherrin Merkel nun erfreut auf die Schulter klopfen. Die Selbstverpflichtung der europäischen Autoindustrie, den CO2-Ausstoß bis Ende 2008 auf 140 Gramm je Kilometer zu senken, ist nämlich wegen der besonders zahlreich in Deutschland produzierten PS-starken Boliden grandios gescheitert. Bestraft wird das jetzt aber nicht. Statt die Industrie zu zwingen, schnell und innovativ spritsparende Fahrzeuge auf den Markt zu bringen und diese auch entsprechend zu vermarkten, darf sie weiter auf den Absatz der Klimakiller auf vier Rädern hoffen. Und damit die 200 PS und mehr auch richtig ausgefahren werden können, ist ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen für die Bundesregierung nach wie vor tabu. Kaum sind nicht nur Bekenntnisse zum Klimaschutz gefordert, sondern konkrete Maßnahmen, da knickt die Regierung also ein. Der Umwelt erweisen Merkel & Co. so einen Bärendienst - und das nur ein paar Tage nach der UN-Studie zu den dramatischen Folgen der Klimaerwärmung. Die Beteuerungen der Kanzlerin vergangene Woche zum Klimawandel und zum deutschen Engagement waren also - passend zum Thema - heiße Luft. Dabei sind die Deutschen viel weiter als die Regierung. Die deutliche Mehrheit ist für ein Tempolimit auf den Autobahnen. Und viele sind längst auf spritsparende Kleinwagen umgestiegen (die meist aus Frankreich oder Japan kommen). Ein deutscher Sieg also in Brüssel - aber nur für die deutschen Autobauer und die Bleifußfraktion. Für alle anderen ein bitterer Pyrrhussieg. m.schmitz@volksfreund.de

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