Koalition in der Krise

BERLIN. Die knappen Finanzen des Bundes entzweien die Politiker der Regierungskoalition. Die Opposition kritisiert die Sparpläne, bietet aber auch keine Lösungen an.

Bocksprünge, sagte der CSU-Landesgruppenvorsitzende Michael Glos am Dienstag in Berlin, seien gegen den Kurs der Bundesregierung "geradezu kontrollierte Bewegungen". Gegen diese Einschätzung wird sich wenig Widerspruch finden, zumal tatsächlich kaum noch jemand durchblickt, welchen finanz- und wirtschaftspolitischen Weg die rot-grüne Koalition nun zu gehen gedenkt. Wird weiter gespart oder nicht? Gibt es Investitionsprogramme oder nicht? Ist das "Ende der Zumutungen" (Kanzler Gerhard Schröder) erreicht oder nicht? Werden die Verhandlungen zum Zuwanderungsgesetz gekappt oder nicht? Am Dienstag schien nur eines klar in der Hauptstadt: Die Auflösungserscheinungen der Koalition aus SPD und Grünen. Insbesondere der Wirtschaftsminister, der in immer kürzeren Abständen immer atemlosere Vorschläge macht, entwickelt sich zum Problem. Wolfgang Clement, der sich in seinem Reformerdrang von niemanden übertrumpfen lassen will, auch nicht von der Opposition, hat mit seiner einsamen Idee, den kargen Rest des Sparer-Freibetrags (1370 Euro) zu streichen, die ausweglose Lage noch verschlimmert. Wie die Bundesregierung aus ihrem Finanz-Dilemma heraus kommen will, ist völlig unklar. Nach Berechnungen des Finanzministeriums ist allein in diesem Jahr eine Neuverschuldung von 47 Milliarden Euro zu erwarten. Das wären 18 mehr als geplant - und die höchste Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik. Deswegen will die Koalition auch angeblich an ihrem "Konsolidierungskurs" (Sparkurs) festhalten, gleichzeitig aber die Konjunktur ankurbeln. Wie dieses Kunststück gelingen soll, weiß niemand. CDU und CSU scheinen mit ihrer Methode, die Politik der Bundesregierung in Bausch und Bogen zu verdammen, ohne bessere Lösungen anbieten zu können, offenbar Erfolg haben. Gefragt, wie denn die Opposition das Geld für Investitionen locker machen würde, sagte CSU-Mann Glos bloß: "Durch Umschichtungen im Haushalt." Auch die Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU) und Edmund Stoiber (CSU) konzentrierten sich lieber auf die gnadenlose Verurteilung der "desolaten Wirtschafts- und Finanzpolitik". Stoiber forderte den Kanzler auf, "jetzt die Hosen runterzulassen" und das wahre Ausmaß der Staatsverschuldung öffentlich zu machen. Schröder sei unfähig, den Aufschwung in Deutschland herbei zu führen.

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