Kompromiss mit Kopfpauschale

BERLIN. Der monatelange erbitterte Streit zwischen der CDU und der CSU scheint beigelegt. Am Rande einer Fraktionssitzung wurde bekannt, dass sich Angela Merkel und Edmund Stoiber bereits an diesem Freitag endgültig auf ein gemeinsames Modell zur Finanzierung der Gesundheitskosten einigen könnten.

Die Annäherung scheint nach der gestrigen Sitzung möglich: Zuvor hatte CSU-Landesgruppenchef Michael Glos vor Journalisten gesagt, beide Seiten hätten sich "stark angenähert". Er erwarte eine Lösung "in nicht allzu ferner Zukunft". Diese Lösung ist in der vergangenen Woche von Merkel und Stoiber vorbereitet worden und wird gegenwärtig von Fachleuten ausgelotet und durchgerechnet. Dem Vernehmen nach soll dabei ein klassischer Kompromiss herauskommen: Die CDU darf Restbestände ihrer im letzten Dezember beschlossenen "Gesundheitsprämie" (Kopfpauschale) durchsetzen, die CSU wiederum konnte offenbar erreichen, dass der zuvor mit 40 Milliarden Euro taxierte Sozialausgleich drastisch reduziert wird. Gelingen soll das Kunststück mit einer abgespeckten Pauschale von 100 Euro pro (erwachsenem) Bürger, die mit dem Arbeitgeberanteil ergänzt werden soll. Der Anteil der Arbeitgeber soll zudem bei etwa 6,5 Prozent eingefroren werden und direkt an die Krankenkassen gehen. Damit hätte sich die CSU in diesem Punkt gegen die große Schwester durchgesetzt, die den Betrag lieber an die Arbeitnehmer ausgezahlt sähe, damit das Steueraufkommen erhöht werde. Diese Mehreinnahmen sollten auch einen Teil des Solidarausgleichs finanzieren, der bei der ursprünglichen Pauschale von 180 Euro sehr viel höher ausgefallen wäre. Der CDU-Sozialexperte Andreas Storm, Unterhändler seiner Partei, wollte sich dazu am Dienstag noch nicht äußern. "Wir müssen erstmal abwarten", sagte er im Hinblick auf das erwartete Einigungsgespräch zwischen Merkel und Stoiber am Freitag. Bis kommenden Montag, wenn sich die CSU-Spitzengremien in München treffen, will man jedenfalls einen Konsens präsentieren können. Fraktionsgeschäftsführer Volker Kauder (CDU) freute sich am Dienstag schon über die "sehr große" Kompromissbereitschaft beider Parteien, die seiner zeitlichen Vorstellung sehr nahe käme: Bis zu den Parteitagen der CSU (19./20. November) und CDU (5. bis 7. Dezember) wolle man sich der Öffentlichkeit als geeinte Union mit einem gemeinsamen Konzept vorstellen. Während der CSU-Mittelständler Hans Michelbach die sich abzeichnende Lösung als "richtigen Weg" beschrieb, der zwar nicht die reine Lehre darstelle, aber zur Entkopplung der Gesundheits- von den Arbeitskosten beitrage, meldete der scheidende Fraktionsvize und Finanzexperte Friedrich Merz nach Angaben aus Parteikreisen Bedenken an. Merz habe im CDU-Präsidium am Montag vor einem zu starken Nachgeben Richtung CSU gewarnt, hieß es. Gleichwohl wird in der Union nun damit gerechnet, dass der Durchbruch geschafft ist. Sollte der Wirtschaftweise Bert Rürup, der das Modell dem Vernehmen nach durchrechnet, grünes Licht geben, könne der langwierige Streit für beendet erklärt werden.

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