Kopf oder Bauch

Nichts für ungut, dachte sich der Kanzler, und fügte den beiden Rücktrittsdrohungen der letzten Wochen eine dritte hinzu. Warum sich Schröder am Montag veranlasst sah, einen weiteren Warnschuss abzufeuern, ist leicht erklärt: Die Meinungsbildung über die Agenda 2010 geht in die entscheidende Phase.

Die Genossen sollen ganz genau wissen, worüber sie am 1. Juni auf dem Sonderparteitag abstimmen: über die Zukunft des Kanzlers und der Koalition. Man kann Schröders Vorgehensweise als Versuch der Erpressung werten, aber auch als ehrlicher Hinweis auf die Konsequenzen, die zu erwarten sind. Auf jeden Fall hat die SPD nun die Wahl, und sie kann sich zwischen Bauch und Kopf entscheiden. Weiter so, aber dann ohne Schröder; oder radikaler Kurswechsel mit Schröder? Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die Kopf-Variante gewinnt. Nicht weil die Genossen von der Regierungskunst des Kanzlers so überzeugt sind; sondern weil der erbarmungswürdige Zustand der öffentlichen Kassen und die Stagnation der Wirtschaft die Einsicht in das Unabänderliche gefördert haben. Jenseits der Frage, ob die Agenda nun richtig, falsch oder ergänzungsbedürftig ist: Energisch wie nie zuvor lässt Schröder Führungswillen erkennen. Aber er läuft Gefahr, dass die Stärke, die ihm so erwächst, die Partei (weiter) schwächt. Zu welchem Preis wird er siegen auf dem Sonderparteitag? Die SPD taugt nicht als Kanzlerwahlverein, und deshalb wird sie wohl in "Iwan" einen Ausgleich suchen - auch wenn es noch so schrecklich ist. nachrichten.red@volksfreund.de

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