Kritik an neuen Qualitätsstandards

BERLIN. Der Skandal um den Handel mit vergammeltem Fleisch soll nach dem Willen der Verbraucherminister der Länder und des Bundes politische Konsequenzen haben. Auf einer Krisensitzung in Berlin einigten sich die Minister gestern darauf, einheitliche "Länder übergreifende" Qualitätsstandards bei den Lebensmittelkontrollen herzustellen.

Zudem soll das Verbraucherinformationsgesetz nun zügig im Bundesrat verabschiedet werden. Es ermöglicht die Nennung der Namen von Betrieben, die sich nicht ordnungsgemäß verhalten haben. Man könne den Streit zwischen Bund und Ländern um die Zuständigkeit für die Qualität der Lebensmittelkontrollen damit "für beendet erklären", sagte Bayerns Agrarminister Werner Schnappauf (CSU). Auch sein Parteifreund, Bundesverbraucherminister Horst Seehofer, zeigte sich "sehr zufrieden". Er hatte die bayerischen Kontrollbehörden indirekt kritisiert und einheitliche Qualitätsstandards bei den Überprüfungen gefordert. Solche wollen die Länder nun selbst erarbeiten, der Bund hat dabei laut Seehofer "eine Sekretariatsfunktion". In ihrem Maßnahmekatalog fordern die Verbraucherminister von Bund und Ländern auch die Einführung einer Zuverlässigkeitsprüfung für Lebensmittelunternehmer. Anders als etwa beim Betreiben einer Gaststätte ist das Handeln mit Fleisch und anderen Lebensmitteln bisher an keine Vor-aussetzungen gebunden. "Es muss auch das Risiko bestehen, dass eine solche Zulassung wieder entzogen wird", sagte die Vorsitzende der Konferenz der Verbraucherminister, Margit Conrad (SPD). Allerdings müsste die Einführung einer solchen Zulassung von den Wirtschaftsministern der Länder beschlossen werden. Im Streit um die Strafen für Verstöße gegen das Lebensmittelrecht gab es eine Kompromissformulierung. Wie von Seehofer gefordert, wollen die Länder durch Gespräche mit den Staatsanwaltschaften erreichen, dass der heutige Strafrahmen besser ausgeschöpft wird. Zugleich kamen die Minister der SPD-Forderung nach härteren Strafen entgegen, indem sie empfahlen, die durch Handel mit abgelaufenem Fleisch erzielten Gewinne abzuschöpfen und den Strafrahmen insgesamt zu überprüfen. Die Staatsanwaltschaften in den Ländern sollten außerdem Schwerpunkt-Ermittlungsbehörden für den Bereich des Lebensmittelrechts einrichten, um den Verfolgungsdruck zu erhöhen. Staatsanwaltschaft und die Lebensmittelkontrolleure sollen enger zusammenarbeiten und Daten austauschen. Eine personelle Aufstockung der Kontrollbehörden wurde nicht beschlossen. Ob, wo und in welchem Umfang zusätzlicher Personalbedarf bestehe, sei noch unklar, sagte Conrad. Dazu müssten zunächst einmal die neuen gemeinsamen Qualitätsstandards formuliert werden. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bärbel Höhn, kritisierte die Ergebnisse gegenüber unserer Zeitung als enttäuschend. "Dafür hätten die Verbraucherminister nicht zusammenkommen müssen." Seehofers Verbraucherinformationsgesetz sei unzureichend, weil es keine effektive zivile Kontrolle erlaube. Notwendig sei ein offensives Verbraucherinformationsgesetz mit wirklichen Rechten für die Verbraucher. Die Kontrolle durch die Behörden werde personell immer mehr ausgedünnt. "Seehofer hätte bundesweite Standards vorgeben und die Länder und Kommunen so zwingen müssen, mehr Personal einzustellen", sagte Höhn.

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