Krux des Gesundheitssystems

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Und das gilt besonders im Falle der gesetzlichen Krankenkassen. Sie sichern für rund 70 Millionen Menschen die Gesundheitsversorgung, aber nur rund 800 000 Versicherte wechseln jährlich ihre Kasse, um Geld für gleiche Leistungen zu sparen oder mehr Leistungen für gleiche Beträge in Anspruch zu nehmen.

Und die, die das tun, sind überwiegend junge, gesunde und gut verdienende Mitglieder, denen meist eine Betriebskrankenkasse ohne Stammbetrieb als virtuelle BKK genügt. Gerade diese Kassen können deshalb mit niedrigen Beiträgen Mitglieder abwerben. Diejenigen Versicherten, für die sich zusätzliche Leistungen lohnen würden, weil sie auf Homöopathie setzen oder chronisch krank sind, wechseln dagegen seltener. Eine Krux des Gesundheitssystems wird auch die neue Gesundheitsreform nicht vollständig aufheben können: Solange die gesetzlichen Krankenkassen per Gesetz dazu verpflichtet sind, ihre Verträge mit Kassenärztlichen Vereinigungen sowie Krankenhäusern "einheitlich und gemeinsam" auszuhandeln, findet der Kassen-Wettbewerb nicht über medizinische Leistungen statt, sondern ausschließlich über den Beitragssatz statt. Der einzige Weg für die Mitglieder, Möglichkeiten auszuloten und Vorteile zu nutzen. Dabei ist der Wechsel der Krankenkasse - so wie es die Stiftung Warentest formuliert - faktisch kinderleicht. Sogar die Politik mit Gesundheitsministerium Ulla Schmitt ruft inzwischen die Versicherten dazu auf, Beitragserhöhungen nicht einfach hinzunehmen, sondern sie genau zu studieren und die Krankenkasse zu wechseln. Denn nur wenn im Rahmen der Möglichkeiten Bewegung ins Gesundheitssystem kommt, besteht die Chance auf Politik für die Patienten und nicht an ihnen vorbei. s.schwadorf@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort