Lärm macht viele Deutsche krank

BERLIN. Lärm kann krank machen. Wie der neueste Bericht des Umweltbundesamtes belegt, besteht bei rund 12 Millionen Bundesbürgern ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Verkehrslärm.

"Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden", wusste Wilhelm Busch schon vor mehr als 130 Jahren zu reimen. Heute sieht die Mehrheit der Deutschen im Umgebungslärm ein generelles Problem. Allein 40 Prozent der Bundesbürger empfinden Geräusche durch Nachbarn als akute Lärmbelästigung. Die größte unliebsame Geräuschquelle bleibt jedoch der Straßenverkehr. Das geht aus dem aktuellen Datenbericht des Umweltbundesamtes hervor, der von Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) gestern in Berlin vorgestellt wurde. Immerhin 60 Prozent der Bevölkerung fühlen sich durch den Lärmpegel von Autos und LKW gestört. Zehn Prozent, also rund acht Millionen Menschen, sehen darin eine "starke Belästigung". Durch den allgemeinen Zuwachs des Verkehrs erweist sich auch eine Verringerung der Lärmbelastung einzelner Fahrzeuge als stumpfes Schwert. Minister Trittin stellte in diesem Zusammenhang besonders die Gesundheitsgefahren in den Mittelpunkt. Etwa 12 Millionen Bundesbürger hätten durch den Verkehrslärm ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das Umweltbundesamt stuft in seinem Bericht Immissionsspegel ab 65 Dezibel (am Tag) beziehungsweise ab 55 Dezibel (in der Nacht) außerhalb von Wohnungen als problematisch ein. Mit Schallpegeln von über 65 dB(A) sind am Tag knapp 16 Prozent der Bevölkerung konfrontiert. Bei 17 Prozent der Bundesbürger übersteigt die Geräuschbelastung 55 dB(A) in der Nacht. Zum Vergleich: Ein Motor-Rasenmäher verursacht im Abstand von zehn Metern immer noch eine Geräuschkulisse von etwa 60 Dezibel. Ein weiteres Schwerpunktthema des Berichts ist der immer noch deutliche Zuwachs beim Flächenverbrauch durch Siedlungen und Verkehrseinrichtungen. Im Jahr 2001 war die versiegelte Fläche in Deutschland noch um 117 Hektar pro Tag angewachsen. Im Vorjahr sank dieser Anteil auf 93 Hektar. Das entspricht einer Fläche von etwa 66 Fußballfeldern. Nach den nationalen Vorgaben soll der Anteil bis zum Jahr 2020 auf 30 Hektar täglich zurückgehen. Die höchste Zunahme bei Siedlungs- und Verkehrsflächen verzeichnen Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen. Den gedämpften Anstieg der letzten Jahre führen die Experten vor allem auf die schwache Wirtschaftskonjunktur zurück. Beim Anspringen der Baunachfrage sei mit einem erneuten Zuwachs zu rechnen. Durch die Flaute in der Baubranche hat sich die Zunahme der Gebäude- und Freiflächen seit 1997 halbiert. Zur Verhinderung einer erhöhten Flächeninanspruchnahme müssten die vielerorts vorhandenen Brachflächenpotenziale besser genutzt werden, heißt es in dem Bericht. Eine erfreuliche Entwicklung verzeichnen die Umweltexperten beim Ausstoß von Treibhausgasen. Seit 1990 gingen die CO2-Emissionen um rund 230 Millionen Tonnen oder 18,5 Prozent zurück. Damit sei das Kyoto-Ziel fast erreicht, sagte Trittin. Zu den Ursachen zählt neben der Stilllegung zahlreicher Industriestandorte in Ostdeutschland auch der wachsende Anteil erneuerbarer Energien an der Stormerzeugung. Im Vorjahr betrug ihr Anteil am Primärenergieverbrauch 3,6 Prozent. 1998 waren es nur 2,1 Prozent. Zum Wachstum der erneuerbaren Energien trug vor allem die Nutzung der Windkraft bei. Die Kapazität der deutschen Windkraftanlagen lag im Vorjahr bei knapp 17 000 Megawatt. 1990 waren es gerade einmal 50 Megawatt. Der Präsident des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, verwies darauf, dass der Straßenverkehr mit etwa 20 Prozent zum Schadstoff-Ausstoß beiträgt. Parallel zum Kraftstoffverbrauch seien die klimaschädlichen Emissionen gegenüber 1990 um 6,4 Prozent gestiegen. Erst seit dem Jahr 2000 gingen die CO2-Emmissionen leicht zurück, was einem wachsenden Anteil an Diesel-Pkw geschuldet sei. "Das ist ein erfreulicher Trend, aber kein Grund, sich zurückzulehnen", meinte Troge.

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