Leben und Vegetieren

Wer sich in Paris die Mühe macht, einen Blick über die gängigen Touristen-Attraktionen hinaus zu werfen, wird sich nicht wundern über die erbitterten Krawalle, die die französische Hauptstadt erschüttern.

Wer sich in Paris die Mühe macht, einen Blick über die gängigen Touristen-Attraktionen hinaus zu werfen, wird sich nicht wundern über die erbitterten Krawalle, die die französische Hauptstadt erschüttern. Die Kontraste sind schier unfassbar, wenn wenige Meter hinter den Prachtbauten der Mitterand-Ära, hinter den architektonischen Wunderwerken der neuen Stadtteile "La Défense" oder "La Villette" die Vorstadt-Slums beginnen.In New York mag das gehen, angesichts der US-amerikanischen Mentalität, dass jeder selber schuld ist, wenn er nicht auf der Sonnenseite lebt. In Mitteleuropa wird ein derart extremes, unmittelbares Nebeneinander von Wohlstand und Armut, von glänzenden Perspektiven und völliger Chancenlosigkeit, von Leben und Vegetieren zu massiven Verwerfungen führen - nicht nur in Paris.

Zum Glück hat Deutschland bislang Wege gefunden, die Kluft in der Gesellschaft nicht so groß werden zu lassen wie in vielen französischen Großstädten. Selbst die Metropolen mühen sich hierzulande um ein Mindestmaß an sozialem Ausgleich - was allerdings Geld und Engagement voraussetzt. Die Frage ist, ob das in den nächsten Jahren noch politisch gewollt ist.

Eine Politik, die einen Teil der Bevölkerung als "Soziallasten" abschreibt, die Jugendliche kollektiv in der Perspektivlosigkeit stecken lässt und hofft, die Polizei werde schon irgendwie den Deckel draufhalten, dürfte sich über Quittungen wie die von Paris nicht wundern. Der Anlass ist dabei im Grunde völlig egal.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort