Lektionen des Terrors

Seit den Anschlägen von London reflektiert die westliche Welt vor allem eine Frage: Mit welchen Rezepten kann die terroristische Bedrohung vor der eigenen Haustür wirksam bekämpft werden?

Seit den Anschlägen von London reflektiert die westliche Welt vor allem eine Frage: Mit welchen Rezepten kann die terroristische Bedrohung vor der eigenen Haustür wirksam bekämpft werden? In den islamischen Gemeinden in Europa, aber auch den USA dominiert hingegen ein anderes Thema: Wie werden sich die jüngsten Terrorattacken auf das Verhältnis zwischen Moslems und den Bürgern auswirken, auf deren Boden die Attentäter jetzt wahllos neue Opfer unter den verhassten "Ungläubigen" suchten?Beide Fragen sind eng miteinander verknüpft – zumal nicht alle Moslems Terroristen sind, aber – wie der Blick auf die Verbrechen von New York, London, Madrid, Bali oder Djerba zeigt – nahezu alle Terroristen Moslems. Damit ist die Herausforderung klar definiert: Wollen die islamischen Gemeinden in Europa, aber auch die moslemischen Staaten im Nahen und Mittleren Osten, glaubwürdig vertreten, Bombenleger und Flugzeugentführer seien irregeleitete Radikalisten und eine verschwindende Minderheit, müssen sie für ein Klima der absoluten Intoleranz gegenüber Terrorismus im eigenen Lager sorgen. Damit tun sich jedoch weltweit führende Moslems weiter schwer. Geht es gegen jemanden, der als "Besatzer" angesehen wird oder der sich allein wegen seines jüdischen Glaubens ganz problemlos als Feindbild und zu vernichtendes Objekt qualifiziert, dann ist diesen islamischen Predigern zufolge ein Blutbad mit Nagelbomben durchaus weiter opportun. Derartig unbelehrbare Ideologen, die gewisse politische Herausforderungen weiter vor allem mit dem Werkzeug der Terroristen zu lösen gedenken, werden jedoch mit ihrer Verherrlichung eines perfiden Todes-Kultes höchstens eines erreichen: Dass die ohnehin belasteten Beziehungen zwischen Moslems und der westlichen Welt weiter vergiftet werden. Auf lange Sicht könnte der Versuch jener Starrköpfe, eine Auseinandersetzung mit extremistischen Strömungen zu vermeiden und Terroristen zu verherrlichen, zu einer Eskalation führen, die nicht im Sinne nicht radikaler Moslems in Europa sein dürfte. Diese können, wenn sie es denn wirklich wollen, gegen die Mörder von morgen in den eigenen Reihen vorgehen: Indem sie Hassprediger endlich aus den Moscheen werfen oder die Aufwiegler boykottieren. Indem sie reisenden Extremisten nicht Obdach und Schutz vor Sicherheitsbehörden gewähren. Oder indem sie der Polizei Hinweise auf mögliche Attentate geben und nicht weiter schweigen. Das scheint viel verlangt von einer moslemischen Gesellschaft, die sich zwar in Europa immer wohler fühlt und weiter ausbreitet, doch jenen neuen Gastländern gerne die Schuld an der allgemeinen Modernisierungskrise in der von Totalitarismus und Rückschritt geprägten arabischen Welt gibt. Doch, immerhin, kleine Hoffnungsschimmer sind unübersehbar: Der Rückhalt für Terror-Drahtzieher Osama Bin Laden soll in den letzten zwei Jahren in den meisten islamischen Nationen gesunken sein. nachrichten.red@volksreund.de

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