Lernendes System

Der Arbeitsmarkt meint es gut mit der Bundesregierung. Seit Monaten sind die Erwerbslosenzahlen im Sinkflug. Über den wahren Anteil der Hartz-Gesetze am arbeitsmarktpolitischen Erfolg lässt sich allerdings trefflich streiten.

Manches davon hat der Beschäftigungslosigkeit sogar Vorschub geleistet. Dennoch wäre es falsch, die Reform zu verdammen. Noch vor vier Jahren kamen auf einen Vermittler rund 750 Arbeitslose. Inzwischen sind es deutlich weniger. Das sagt noch nichts über die Qualität der Arbeitsvermittlung aus. Aber wenn sich ein BA-Mitarbeiter um weniger Fälle kümmern muss, dann ist die Chance größer, für den Einzelnen einen passgenauen Job zu finden. Im Bereich der kurzfristigen Arbeitslosigkeit gelingt das offenbar ganz gut. Bei Leuten, die weniger als ein Jahr ohne Job sind, ist der Rückgang besonders hoch. Dafür scheinen bei den Langzeitarbeitslosen alle Hartz-Instrumente zu versagen. Trotz wirtschaftlicher Belebung hat sich ihr Anteil am Arbeitslosenheer binnen Jahresfrist um sechs auf fast 44 Prozent erhöht. Dabei verfahren die Arbeitsagenturen offenbar nach der Devise: bei schwer vermittelbaren Leuten ist Hopfen und Malz verloren. Also lässt man die Förderung besser ganz bleiben und zahlt lieber eine Geldbuße an den Bund. Verwundern kann diese unrühmliche Praxis nicht. Denn nach den Vorgaben der Regierung stehen die Reform-Maßnahmen mehr unter haushalts- als arbeitsmarktpolitischer Beobachtung. Dass eine sich verfestigende Langzeitarbeitslosigkeit am Ende teurer kommt als eine sinnvolle Qualifizierung und Weiterbildung der Betroffenen, tut offenbar wenig zur Sache. So löblich die politische Selbstanalyse war, so notwendig sind jetzt praktische Konsequenzen. Die Bundesagenturen müssen beispielsweise mehr Anreize erhalten, schwierige Fälle in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Es wäre nicht das erste Mal, dass in den Hartz-Gesetzen eine Korrektur die andere ablöst. Wenn sie sinnvoll ist, spricht nichts dagegen. Schließlich versteht sich die Regierung beim Arbeitsmarkt selbst als "lernendes System". nachrichten.red@volksfreund.de

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