Lügen für die Macht

Wenn es um den Machterhalt oder die Durchsetzung eigener Interessen geht, ist selbst einigen demokratischen Politikern offenkundig jedes Mittel recht. Die USA und Großbritannien, das steht mittlerweile fest, haben im Vorfeld des Irak-Feldzugs der Völkergemeinschaft gleich mehrfach die Unwahrheit gesagt, um ihren Kriegseinsatz zu legitimieren.

Es gibt im Irak Massenvernichtungswaffen, betonten Bush, Blair und andere immer wieder. Eine glatte Lüge. Und es gibt auch kein irakisches Uran-Aufkaufprogramm zur Produktion von Atomwaffen. Zwei der Hauptkriegsgründe - nichts weiter als plumpe taktische Fälschungen von Politikern und instrumentalisierten Geheimdiensten. In die gleiche Schublade passt der Umgang der spanischen Regierung mit den schrecklichen Terroranschlägen von Madrid. Wider besseres Wissens machte das Kabinett von Ministerpräsident Aznar tagelang die baskische Separatistenorganisation Eta für die Attentate verantwortlich. Selbst als längst klar war, dass nicht die Eta, sondern islamische Terroristen die Bomben in den Pendlerzügen gelegt hatten, hielten die spanischen Konservativen eisern an der nur für sie nützlichen Legendenbildung fest. Schlimmer noch: Die Regierung Aznar ließ nichts unversucht, die gezielte Falschmeldung durch willfährige Politiker, Botschafter und Journalisten immer wieder öffentlich zu verbreiten. Ein ungeheuerlicher, ein ekelhafter Vorgang: Die spanische Regierung instrumentalisierte einen Terroranschlag für den eigenen Machterhalt und scheute dabei sogar vor einer glatten Lüge nicht zurück. Das ist einer Bananenrepublik würdig, nicht aber eines demokratischen Rechtsstaats. Gottlob hat die spanische Bevölkerung den üblen Braten gerochen, den ihr die konservative Volkspartei auftischen wollte und der zuvor noch in Umfragen führenden Partido Popular am Wahlsonntag die Quittung präsentiert. Das demokratische Korrektiv für die Machtarroganz einzelner Politiker hat somit funktioniert. Dies zumindest ist die gute Botschaft eines ansonsten wirklich widerlichen Skandals. r.seydewitz@volksfreund.de

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