Mainz kneift

Hessen gibt den Takt vor bei der Abwehrfront gegen die neue Strompreisrunde - und Rheinland-Pfalz kneift. Dabei wäre angesichts der satten Gewinne vor allem der großen Energieunternehmen ein Konfrontationskurs längst überfällig, denn auf dem Strommarkt herrscht alles andere als fairer Wettbewerb. Die marktbeherrschenden Konzerne scheffeln teilweise Milliardengewinne, doch in Mainz ist der liberale Wirtschaftsminister nicht bereit, ihnen die rote Karte zu zeigen. Überhaupt nicht nachzuvollziehen ist, dass links des Rheins andere Bedingungen oder Versorgungsstrukturen herrschen sollen, die höhere Strompreise rechtfertigen, als auf der rechten, hessischen Seite des Flusses. Die Kompromisslinie, die Hans-Artur Bauckhage jetzt für die Stromversorger ausgibt, ist schlichtes Wegducken. Nirgendwo hätte die Landesregierung so viel Möglichkeiten, im Streit um höhere Energiepreise für den Verbraucher eindeutig Flagge zu zeigen, wie beim Strom. Denn nur dort gibt es noch (!) eine Preisgenehmigung. Da die Stromkonzerne mit ihrer Monopolstellung und ihrer Hoheit über die Leitungstrassen den Wettbewerb bislang oft genug aushebeln, ist Entgegenkommen nicht angesagt. Bleibt Hessen bei seiner konsequenten Absage an die beantragten Preissteigerungen - und nach den großen Ankündigungen wäre ein Einknicken der absolute Gesichtsverlust -, gibt es im Januar eine skurrile Situation: Weil sich die Stadt Mainz einem Stromversorgungsverbund im Rhein-Main-Gebiet angeschlossen hat, wird die Landeshauptstadt von einer Erhöhung dank des Neins aus Wiesbaden verschont. Das Mainzer Umland jedoch, und mit ihm ein Großteil des Landes, muss tiefer in die Tasche greifen, weil der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister einen begrenzten Anstieg für gerechtfertigt hält. Wer soll das verstehen? j.winkler@volksfreund.de

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