Mangelnder Mut

Ein politisches Scheitern der Gesundheitsreform konnte sich niemand leisten. Dazu hatte sich auch die Union schon zu weit aus dem Fenster gelehnt. Gemessen an ihren hoch fliegenden Plänen für die Privatisierung des Zahnersatzes ist sie allerdings nicht sonderlich gut dabei weg gekommen. Denn das jetzt beschlossene Modell bringt den gesetzlichen Kassen spürbare Wettbewerbsvorteile. Der vorgeschriebene Einheitsbeitrag entlastet zwar höhere Einkommen. Doch sollte nicht übersehen werden, dass Besserverdiener jeder Zeit zur privaten Konkurrenz wechseln können. Mit einer Kopfpauschale bei der Versicherung des Zahnersatzes gewinnt die gesetzliche Kasse für sie an Attraktivität. Und das ist nicht zu unterschätzen, denn wer viel verdient, zahlt auch die höchsten Beiträge ein. Bei dem erzielten Kompromiss darf allerdings nicht die Frage im Vordergrund stehen, wer wen über den Tisch gezogen hat. Die Versicherten interessiert viel mehr, was auf sie zu kommt. Und da ist die Extraversicherung der Zähne eben nur ein Aspekt. Fest steht: Die Vollkaskoversicherung im Gesundheitswesen gehört der Vergangenheit an. Was bisher Standard war, kostet künftig mehr. Ulla Schmidt will uns mit der Botschaft versöhnen, dass jenseits höhere Eigenleistungen wenigstens der allgemeine Beitrag sinkt. Ganz sicher haben die Kassen dafür jetzt einen größeren Spielraum. Deshalb sollen sie nicht jammern, sondern machen. Am Ende wird die Rechnung aber nur aufgehen, wenn die Absenkung der Lohnnebenkosten neue Jobs und damit weitere Beitragszahler bringt. Übrigens: Das Tauziehen um die Streichung des Zahnersatzes aus dem gesetzlichen Leistungskatalog hätte sich die Politik getrost ersparen können. Anstatt die Lohnnebenkosten über verschlungene Pfade zu drücken, ließe sich der Arbeitgeberbeitrag auch gleich deckeln. Aber dazu fehlte allen Beteiligten der Mut. nachrichten.red@volksfreund.de

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