Mauer im Kopf

Der CDU-Politiker Jörg Schönbohm hat ausgesprochen dummes Zeug geredet in einer Angelegenheit, die er in keiner Weise beurteilen kann. Solches soll auch bei anderen Politikern schon mal vorkommen, aber meistens drücken sie sich so glatt und diplomatisch aus, dass man sie dafür nicht haftbar machen kann.

Schönbohm hat sein Stammtisch-Niveau derart offen zur Schau getragen, dass er es nun mit dem Verlust von Karrierechancen bezahlen muss. Soweit, so gerecht. Damit könnte man den Fall im Grunde abhaken. Aber das eigentliche Problem ist nicht Schönbohm. Es ist die Haltung gegenüber den Menschen im Osten, die da zum Vorschein kommt. Wer die kollektive Vergangenheit der früheren DDR-Bürger als Ausgangspunkt für Kindstötung und Asozialität einstuft, sagt den Leuten indirekt: Ihr habt Euch zu schämen für eure Geschichte. Bei euch gab es keine Werte. Ihr wart das böse Deutschland, wir das gute. Diese Art von Inländer-Hass existiert in vielen Ausprägungen. Am meisten verbreitet ist die Version von den bösen Ossis, deren Aufnahme in die Sozial- und Rentenkassen den armen Westen ins Unglück gerissen habe. So als hätte die alte Bundesrepublik nicht im Gegenzug via Treuhand alles Verkaufbare an DDR-Staatseigentum eingesackt und unzähligen Wessi-Geschäftsleuten die Chance geboten, sich gesund zu stoßen. Als wären die westlichen Geldtransfers nicht auch wieder zu wesentlichen Teilen in West-Taschen gelandet. Nein, da ist es einfacher, zu sagen: Die DDR ist an allem schuld. Und damit natürlich auch ihre früheren Bürger. Auf dem gleichen tristen Feuer kocht natürlich auch die PDS ihr Süppchen. Nur in einem anderen Topf. Da ist der böse Westen an allem schuld, von der Arbeitslosigkeit bis zur Kriminalität. Die Erklärungsmuster sind identisch. Die Mauern in den Köpfen auch. d.lintz@volksfreund.de

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