Mehr als ein Luxus-Problem

Wer aus der Distanz den Streit zwischen DaimlerChrysler-Vorstand und -Mitarbeitern beobachtet, kann den Eindruck gewinnen, Deutschland habe ein Luxusproblem. Oberflächlich betrachtet, sollen die Stuttgarter Mercedes-Arbeiter auf ihre fünf-minütige Pinkelpause - die so genannte Steinköhlerpause - verzichten und vielleicht in der Woche ein paar Stunden länger arbeiten: Wem tut das weh?

Andererseits bieten die DaimlerChrysler-Manager sogar noch ihren "Solidarbeitrag" an: Sie wollen auf zehn Prozent ihres Gehalts verzichten - bei bis zu zehn Millionen Euro Jahresgage und nachdem in der Vergangenheit die Manager-Gehälter um über 100 Prozent explodierten: Wen bringt das um? Doch bei dem "baden-württembergischen Machtkampf" geht es um weit mehr, als luxuriöse Pfründe. Die Zukunft des Standorts Deutschland steht zur Diskussion. Natürlich bringen längere Arbeitszeiten bei gleichem Lohn der Wirtschaft Wettbewerbsvorteile: Produktivität und Gewinne steigen und die Verlagerung von Jobs ins Ausland wird gebremst. Doch, wenn DaimlerChrysler bei seinem "besten Pferd im Stall" an der Tarif-Schraube dreht, dann geht es nicht darum, dass sich der Konzern die Sozialstandards nicht mehr leisten kann. Es geht um Gewinn-Maximierung. Die Ergebnisse, die DaimlerChrysler oder auch Siemens nun aushandeln, werden die Fix-Marke für die gesamte deutsche Wirtschaft sein. Mehr arbeiten fürs gleiche Geld? Die gesellschaftlichen Probleme werden so nicht gelöst. Weder die Binnenkonjunktur bekommt Impulse, noch - und das ist viel schlimmer - wird der Arbeitsmarkt entlastet. Wenn die Kurse der Dax-Unternehmen steigen, wird die Aktie der Deutschland AG in den Keller gehen. h.waschbuesch@volksfreund.de

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