Merkel in der Pflicht

Für Angela Merkel muss der Besuch von US-Präsident Bush auch so etwas wie Balsam gewesen sein. Seit die Kanzlerin in den Niederungen der Innenpolitik angekommen ist, hagelt es Kritik an ihrer Amtsführung und ihrer Politik.

Bush hingegen hat die Außenpolitikerin und die Person Merkel gestern mit ungewöhnlich viel Lob überschüttet. Das sollte stutzig machen: Ohne Zweifel versucht der Präsident, die Kanzlerin künftig deutlich stärker in die Pflicht zu nehmen. Neue Anforderungen an die deutsche Sicherheitspolitik von US-Seite dürften nicht lange auf sich warten lassen. Sie liegen ja bereits auf dem Tisch - man nehme nur den Iran- oder den Nahost-Konflikt, in denen sich kaum ein anderes Land so engagiert zeigt wie Deutschland. Angela Merkel passt dies ins Kalkül. Sie gefällt sich in der Rolle der starken Frau Europas, die hofiert wird von Chirac über Putin bis Bush; und der von internationaler Seite anscheinend zugetraut wird, das durch den Irak-Krieg zerrüttete transatlantische Verhältnis neu beleben zu können. Ihre Botschaft gestern war daher eindeutig: Unter einer Kanzlerin Merkel wird sich im Gegenzug Deutschland nicht noch einmal außenpolitisch fast isolieren, schon gar nicht gegenüber den USA. Im Gegenteil: Merkel will auf der Bühne der Großen mehr Verantwortung wahrnehmen. Seite an Seite mit den USA, denn die Zahl der Krisenherde wächst. So eng wie lange nicht mehr steht damit ein deutscher Regierungschef an der Seite der Vereinigten Staaten. Und Merkel wird gehört. Doch ob sie deshalb auch Einfluss auf die US-Administration hat, muss sie noch zeigen. nachrichten.red@volksfreund.de

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