Mit Augenmaß

Die Mütter und Väter unserer Verfassung haben aus gutem Grund ein Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdienst festgeschrieben. Im Jahr 1949 waren die fürchterlichen Verbrechen der Gestapo noch in frischer Erinnerung.

Bis heute darf der Bundesnachrichtendienst beispielsweise keine Verhaftungen vornehmen. Und für Durchsuchungen ist die Polizei zuständig, nicht aber der Verfassungsschutz. Dieses Prinzip der unterschiedlichen Befugnisse hat sich hervorragend bewährt. Es schließt jedoch eine bessere Koordinierung zwischen den einzelnen Sicherheitsbehörden nicht aus. Gerade in Zeiten terroristischer Bedrohung wäre es fatal, wenn ein islamistischer Anschlag durch Informationsverluste oder mangelnden Datenabgleich an verantwortlicher Stelle begünstigt würde. Innenminister Otto Schily trägt den veränderten Herausforderungen mit seinem neuen Terror-Abwehrzentrum Rechnung. Die Koordinierungsstelle darf als gelungener Kompromiss zwischen der Vorgabe im Grundgesetz und den sicherheitspolitischen Erfordernissen gelten. Das gilt zumindest so lange, wie die Praxis nicht das Gegenteil belegt. Eine Unterbringung in unterschiedlichen Häusern muss jedenfalls kein Ausdruck von Ineffizienz sein, wenn gemeinsame Lagebesprechungen für optimale Abstimmung sorgen. So sehr Schily bei der Einrichtung der neuen Anti-Terror-Stelle Augenmaß bewiesen hat, so hoffnungslos scheint er sich allerdings bei seiner Forderung nach einer Aufwertung des Bundeskriminalamts zu verrennen. Offenbar will sich der Bundesinnenminister noch ein politisches Denkmal setzen. Dabei rechtfertigt auch der Terrorismus keine unkalkulierbare Ausweitung staatlicher Befugnisse. nachrichten.red@volksfreund.de

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