Mit Schwellenländern gegen Produktpiraten

BERLIN. (wk) Die Bundesregierung will beim G8-Gipfel in Heiligendamm Anfang Juni die Verletzung von Produkt- und Markenrechten zum Thema machen. Ziel sei ein gemeinsames Papier der sieben führenden Industrienationen und Russlands, in dem Strategien gegen Produktpiraterie aufgezeigt würden, sagte Wirtschafts- Staatssekretär Bernd Pfaffenbach gestern in Berlin.

Als SPD-Chef Kurt Beck im letzten Jahr mit Journalisten den Mainzer Glaskeramikhersteller Schott besuchte, hieß es für alle: keine Handys, keine Fotoapparate. Der Weltmarktführer für Ceran-Kochfelder hat Angst vor Produktpiraten. Nicht ohne Grund: Weltweit verursachen die Markenkopierer nach Industrieschätzungen 125 Milliarden Euro Schaden. Tendenz: steigend. Grund genug für die deutsche Regierung, das Thema beim G8-Gipfel im Juni in Heiligendamm auf die Tagesordnung zu setzen. Dort sitzen alle am Tisch, die von dem Phänomen betroffen sind. Die größten Industriestaaten, in denen Design, Beschaffenheit und Technologie von Produkten mit hohem Aufwand entwickelt werden, und die fünf größten Schwellenländer, wo die Kopierer sitzen, China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika, sind Gast des Treffens. Wirtschaftsstaatssekretär Bernd Pfaffenbach, Chefvorbereiter der Konferenz, will erreichen, dass mit ihnen wenigstens ein kontinuierlicher Dialog über das Problem aufgenommen wird. Denn, so Pfaffenbach, Produktpiraterie wird in den Schwellenländern selbst auch zunehmend ein Problem. Sie entwickeln langsam eigene Technologien und wollen diese nun ebenfalls geschützt sehen. Berichtet wird von Fällen, wo chinesische Ware importiert und erst in hiesigen Breiten umetikettiert wird zu Louis Vuitton oder Adidas. Zudem würden auch Technikprodukte wie Ersatzteile fürs Auto oder Flugzeug gefälscht. Dann geht es schnell um die Gefährdung von Menschenleben. Pfaffenbach warnte jedoch davor, das Augenmerk der Debatte allein auf China zu richten, wo die meisten Plagiate hergestellt werden. Die Industrieverbände haben eine gemeinsame Präventions- und Aufklärungskampagne entwickelt, die sie gestern in Berlin vorstellten. In dem Papier geben sie den Firmen Ratschläge, wie sie sich gegenüber Zulieferern absichern können. "Technologie einbringen, aber Schlüsselpatente zurückbehalten" lautet einer der zahlreichen Hinweise. Zudem soll das Bewusstsein in der Bevölkerung geschärft werden. Der wissentliche Kauf von Produktkopien beim Urlaubsshopping sei eben kein Kavaliersdelikt, wird gewarnt. Von der Politik fordern die Verbände, dass sie das Thema auf allen internationalen Ebenen vorbringt und sowohl einen effektiven weltweiten Patentschutz als auch eine konsequente Strafverfolgung anstrebt.

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