Mitten im Sommerloch

Der Widerspruch scheint auf der Hand zu liegen: China ist auf dem besten Wege, die Bundesrepublik als Exportweltmeister abzulösen, bekommt im laufenden Jahr aber immer noch fast 68 Millionen Euro vom deutschen Entwicklungshilfeministerium überwiesen.

Schluss damit, ertönt es nun aus den Reihen von Union und FDP. Das klingt plausibel. Doch der Vorstoß zeugt nicht gerade von politischer Weitsicht. Zweifellos ist das bevölkerungsreichste Land der Erde auch zum wirtschaftlichen Riesen aufgestiegen. Eine Entwicklungshilfe im klassischen Sinne, die sich mit der Bekämpfung des Hungers oder dem Bohren von Brunnen verbindet, hat China wahrlich nicht nötig. Doch dafür sind die deutschen Steuermillionen auch nicht gedacht. Im Kern geht es um eine strategische Zusammenarbeit, an der Deutschland ein fundamentales Interesse haben muss. Wenn das Geld zum großen Teil in die Nutzung erneuerbarer Energien fließt, dann dient das nicht nur dem globalen Klimaschutz. Auch in China selbst wird die Erkenntnis befördert, dass wirtschaftliches Wachstum ein zukunftsträchtigeres Fundament braucht als den Bau immer neuer Kohlekraftwerke. Das Reich der Mitte ist weltweit der zweitgrößte Verursacher klimaschädigender Treibhausgase. Und was den Titel "Exportweltmeister" angeht, so muss sich Deutschland um seinen drohenden Verlust nicht gar zu sehr grämen. Bei rund 60 Prozent aller chinesischen Exporte verdienen deutsche Firmen mit. Unter dem Strich sind unsere China-Millionen also gut angelegtes Geld. Das hätten auch die Populisten von Union und Liberalen wissen können. Doch ihnen geht es nicht um Sorgfalt, sondern um Schlagzeilen - schließlich stecken wir im Sommerloch. nachrichten.red@volksfreund.de

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