Mogelpackung

Es klingt gut: Familien müssen weniger in die Kasse der Pflegeversicherung bezahlen. Doch beim näheren Betrachten erweist sich das Ganze als Mogelpackung. Denn statt Familien tatsächlich zu entlasten, werden Kinderlose zur Kasse gebeten.

Sie müssen für eine Ungerechtigkeit bluten, die erst durch das Bundesverfassungsgericht beendet wurde. Doch die Karlsruher Richter hatten bei ihrer Entscheidung vor drei Jahren sicherlich nicht diesen Minimalkonsens à la Rot-Grün im Sinn, als sie einen gesetzlich fixierten Kinderbonus für Erziehende forderten. Mehr in der Tasche haben die Eltern durch diesen faulen Kompromiss jedenfalls nicht. Sie bezahlen genauso viel wie bisher in die Pflegeversicherung. Die Begründung aus Berlin dafür ist hanebüchen: Die Beiträge zur seit zehn Jahren bestehenden und Jahr für Jahr ein größeres Loch einfahrenden Pflegeversicherung hätten aufgrund des neuerlichen Milliarden-Defizits auf jeden Fall steigen müssen, also sparten Familien diese Erhöhung. Die Bundesregierung treibt mit dieser eigenwilligen Umsetzung des Bundesverfassungsgerichts-Urteils mal wieder einen Keil zwischen Eltern und (oft auch ungewollt) Kinderlose. Genau wie der missglückte und abgeschmetterte CDU-Vorschlag, Singles und Paare ohne Kinder mehr in die Rentenkassen zahlen zu lassen. Es ist ein Zeichen falsch verstandener Familienpolitik. Statt Familien tatsächlich zu entlasten, wird nur nach einer neuen Möglichkeit gesucht, Kinderlose zum Stopfen von Finanzlöchern heranzuziehen. Damit bestraft man die Einen, ohne den Anderen etwas Gutes zu tun. Darin zeigt sich aber auch die Hilflosigkeit der Politik: Sie schreibt sich Familienfreundlichkeit auf die Fahnen, doch die Konzepte dazu fehlen. b.wientjes@volksfreund.de

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