"Murks in Germany"

Man kann Manfred Stolpe, dem gescheiterten Bundesverkehrsminister, ohne Wenn und Aber glauben - er hat bis gesternwirklich alles getan, um seine Vertragspartner in Sachen LKW-Maut zu schonen. Stolpe ist Opfer seiner eigenen Schwäche geworden.

Schon als Ministerpräsident in Brandenburg stellte er ja unter Beweis, dass komplexe Großprojekte nicht seine Sache sind - und knallharte Verhandlungen erst recht nicht. Der Kirchenmann ist vielmehr vertrauensselig, konsensorientiert und geduldig bis zur Schmerzgrenze. In der Politik gerät man da schnell unter die Räder. Wundern darf sich das inzwischen total verblasste Flagschiff des Ostens im Kabinett Schröder also nicht, dass er nun als Depp der Nation dasteht. Dabei stimmt, was Stolpe sagt: Er hat die Technik nicht entwickelt, er hat nicht großspurige Versprechungen gemacht. Das waren in der Tat die Weltunternehmen Deutsche Telekom und DaimlerChrysler. Perfekten "Murks in Germany" haben sie als Konsortium abgeliefert. Nur: Naiv hat sich Stolpe wieder und wieder über den Tisch ziehen lassen von Unternehmen in ihrer grenzenlosen Selbstüberschätzung. Dafür trägt er die politische Verantwortung. Klar ist aber auch: Vor allem DaimlerChrysler und Telekom sollten Abbitte leisten beim gepeinigten deutschen Steuerzahler, der jetzt wohl in Haftung genommen werden wird für die unsägliche Hinhalte-Taktik Toll Collects. Das Maut-Debakel ist allerdings nicht nur eines von Manfred Stolpe oder der Wirtschaft. Auch der Genosse der Bosse, Gerhard Schröder, steht nun im Regen. Blind hat der Kanzler seinen Freunden in den Chefetagen vertraut und seinen Verkehrsminister auf weiter Flur viel zu lange alleine kämpfen lassen. Wegen Unglaubwürdigkeit sollte der Kanzler sein "Jahr der Innovation" deshalb erst einmal wieder einmotten. nachrichten.red@volksfreund.de

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