Nagelprobe

Immer wieder wird die mangelhafte Kinderbetreuung in Deutschland beklagt. Gibt es dann, nach vielen warmen Worten und Sonntagsreden, endlich mal eine lobenswerte Initiative aus dem Berliner Familienministerium, steckt die Opposition gleich wieder den Kopf in den Sand und kündigt Blockade an.

Die Reaktionen der Kommunen hingegen sind durchaus verständlich: Noch ist nicht einmal klar, ob und wie viel sie durch Harz IV mehr in der Kasse haben, schon sollen sie das Geld für eine bessere Kinderbetreuung ausgeben. Doch die wegen der Umgehung des Bundesrats klug eingefädelte Gesetzes-Initiative von Familienministerin Schmidt verdient Beachtung. Sie stellt die Nagelprobe dar: Wie ernst nimmt man in Deutschland die Familienpolitik? Es steht zu befürchten, dass durch sture Blockade und falsche Prioritätensetzung das Gesetz verwässert wird und am Ende mal wieder eine halbherzige Lösung herauskommt, wie schon beim gesetzlich verankerten Kindergartenplatz. Zwar wurden die Plätze geschaffen, aber dafür leidet die Qualität der Kindergärten. Leere Kassen bremsen Familienpolitik ständig aus. Es muss endlich mal die Frage gestellt werden, was uns wichtiger ist: neue Straßen oder unsere Kinder? Das Geld für bessere Kinderbetreuung ist da, es muss nur entsprechend eingesetzt werden. Und nicht zu vergessen: Mehr Betreuung sorgt für mehr Beschäftigung und mehr Geld in den Sozialkassen. Statt gebetsmühlenartig zu sagen, es geht nicht, sollten Bund, Länder und Kommunen nun Möglichkeiten schaffen, das Gesetz umzusetzen und Familien ernst zu nehmen. Sonntagsreden jedenfalls helfen nicht weiter. b.wientjes@volksfreund.de

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