Neue Vorwürfe, alte Vorwürfe

MÜNCHEN. Die CSU bleibt bei ihrem Nein zu den Vorschlägen der Schwesterpartei CDU für eine grundlegende Reform des Gesundheitssystems. Der Streit in der Union um die Finanzierung des Gesundheitssystems hat Formen angenommen, die sonst nur zwischen politischen Gegnern zu beobachten sind.

Der CDU-Sozialpolitiker Hermann-Josef Arentz bereicherte die Diskussion um die Gesundheitsreformen mit dem Vorschlag, den umstrittenen Sozialausgleich für das CDU-Kopfpauschalen-Modell über einen "Gesundheits-Soli" zu bezahlen. Darauf reagierte die CSU in München in bekannter Manier: ohne uns. Es ist nicht ganz einfach, den Überblick zu behalten, welcher Unionspolitiker gerade welchen Parteifreund angreift und damit Stoff für weitere Schlagzeilen liefert. Stets im Zentrum steht jedoch der stellvertretende CSU-Chef und Sozialexperte Horst Seehofer, auf den zuweilen Parteifreunde von der CDU gar aggressiv reagieren. Insbesondere der Mittelstandspolitiker Peter Rauen (CDU) wirft dem Bayern eine Mitschuld am schlechten Erscheinungsbild der Union vor. Seehofer rede "völligen Blödsinn" und habe sich zum "Kronzeugen gegen unsere richtigen Beschlüsse aufgespielt", klagte Rauen im ZDF. Zugleich forderte er die CSU auf, "endlich das System zu wechseln". Die kleine Schwesterpartei denkt nicht daran, im Gegenteil. Im CSU-Vorstand war man sich am Montag einig, dass der CDU-Beschluss vom Leipziger Parteitag 2003 (einheitliche Prämie von 180 Euro, der Sozialausgleich erfolgt über das Steuersystem) keine Chance hat, gemeinsame Unionspolitik zu werden. "Das ist nicht machbar", sagte CSU-Chef Edmund Stoiber nach der Sitzung. Ein Solidarausgleich über das Steuersystem und gleichzeitig eine Steuerreform mit niedrigeren Sätzen, "das geht nicht". Auch Vorschläge der Kategorie höhere Neuverschuldung, wie sie der Ministerpräsident von Thüringen, Dieter Althaus (CDU) gemacht hatte, seien bar jeder Realität. Stoibers Tenor: Kommt überhaupt nicht in Frage. Die Ablehnung des CDU-Modells durch die CSU ist nicht mal durch SPD und Grüne zu toppen. Daran ändert auch nichts die gebetsmühlenartig vorgetragene Bereitschaft Stoibers für eine gemeinsame Lösung. Unterstrichen wurden die ernsthaften Absichten der CSU durch die bayerische Sozialministerin Christa Stewens, die von "mehreren Alternativen" sprach, die in der CSU diskutiert würden. Eine davon sei die Möglichkeit, eine kleine Kopfpauschale ("Basisprämie 100 Euro") mit einem einkommensabhängigen Kassenbeitrag zu koppeln. Vom Vorschlag des CDA-Vorsitzenden Arentz, den Sozialausgleich per 11,9-prozentigem Solidaritätszuschlag auf die Einkommenssteuer aufzubringen, wollte aber Stewens ebenso wenig etwas wissen wie Stoiber und Seehofer. Die niedersächsische Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte zuvor deutlich gemacht, dass die CDU von ihrem Prämienmodell "nicht abrücken" werde. Und genau das, was von der Leyen als "sozial gerecht" bezeichnete, nannte Stoiber "keine attraktive Lösung". Die CSU neige dem zu, was die meisten Menschen wollten: "Kleinere Einkommen entrichten kleinere Beiträge, größere Einkommen größere Beiträge".

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