Nicht akzeptabel

Man stelle sich folgenden Horror vor: Während der Fußballweltmeisterschaft wird eine Passagiermaschine entführt. Die Kidnapper zwingen den Piloten dazu, Kurs auf die ausverkaufte Allianz-Arena in München zu nehmen, in der gerade ein Fußballspiel stattfindet.

Die Aufklärungsflugzeuge der Nato, die während der WM den deutschen Luftraum überwachen werden, geben die Flugdaten an den Verteidigungsminister weiter. Der schickt Abfangjäger in den Himmel und tut ansonsten - NICHTS. Weil er nichts tun darf! Weil das Bundesverfassungsgericht gestern in einem höchst rechtstheoretischen Urteil in Stein gemeißelt hat, dass die Staatsmacht die Maschine nicht abschießen darf. Die Konsequenz: Es sterben nicht nur alle Passagiere im Flugzeug, sondern möglicherweise tausende Zuschauer im Münchener Stadion. Rechtsprechung, die auf Dauer Akzeptanz finden und Zusammenleben erträglich regeln soll, muss etwas mit der Lebenswirklichkeit zu tun haben. Davon aber ist dieses Urteil weit entfernt. Es schlägt dem Staat jede Waffe gegen skrupellose Verbrecher aus der Hand, die das eigene Leben ebenso als Faustpfand einsetzen wie das Leben tausender Unschuldiger. Dieses Urteil ignoriert völlig, dass es den 11. September 2001 in New York gegeben hat. Wie können die Richter dieses Urteil ausgerechnet mit der Würde der Menschen in der Maschine begründen, die als Geiseln ohnehin nur noch Minuten oder gar Sekunden zu leben hätten - und zwar genau so lange, bis das Flugzeug im Stadion aufkrachen würde? Wie können sie unberücksichtigt lassen, dass durch den rechtzeitigen Abschuss möglicherweise Tausende von Leben zu retten wären? Während das Bundesverfassungsgericht wieder einmal nur Nein gesagt, aber keinen Weg aus dem Dilemma aufgezeigt hat, muss ein 80-Millionen-Volk fassungslos zur Kenntnis nehmen, dass ihm die höchsten Richter dieses Landes jeden Schutz in einer extremen, aber durchaus nicht unrealistischen Notsituation per Urteil für alle Zeiten verweigert haben. d.schwickerath@volksfreund.de

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