Nichts gehalten

Mangelnde Initiative kann man der Bundesregierung in Sachen Familienpolitik nicht vorwerfen. Deutschland soll familienfreundlicher werden, wer Kinder hat, soll nicht in Armut fallen: Das Kindergeld wurde erhöht, Kinderlose müssen mehr bei der Pflegeversicherung zahlen, die Betreuung von Kleinkindern soll verbessert werden und Geringverdiener bekommen einen Kinderzuschlag.

Mangelnde Initiative kann man der Bundesregierung in Sachen Familienpolitik nicht vorwerfen. Deutschland soll familienfreundlicher werden, wer Kinder hat, soll nicht in Armut fallen: Das Kindergeld wurde erhöht, Kinderlose müssen mehr bei der Pflegeversicherung zahlen, die Betreuung von Kleinkindern soll verbessert werden und Geringverdiener bekommen einen Kinderzuschlag. Die Bilanz liest sich gut, doch Papier ist geduldig. Denn tatsächlich entpuppen sich die meisten Ankündigungen als leere Versprechungen. Beispiel Pflegeversicherung: Statt Familien tatsächlich zu entlasten, werden Kinderlose mit höheren Beiträgen bestraft – für Eltern hat sich unterm Strich nichts geändert. Beispiel Kinderbetreuung: Der notwendige Ausbau der Krippenplätze für unter Dreijährige stellt die Kindergartenträger vor enorme, kaum lösbare Probleme. Woher das Geld für die zusätzlichen Betreuungsplätze kommen soll, kann man in Berlin nicht genau sagen. Jedenfalls nicht aus der prognostizierten Entlastung der Kommunen durch Hartz IV. Denn statt mehr Geld im Stadtsäckel zu haben, müssen Städte und Gemeinde mehr für Sozialhilfe-Empfänger ausgeben als eingeplant war. Der nächste Rohrkrepierer: Der Kinderzuschlag. Die Hürden, um an die 140 Euro heranzukommen, sind so hoch, dass viele erst gar nicht den Antrag stellen oder nach dem ersten Widerspruch frustriert aufgeben. Kaum einer erhält den Zuschlag, selbst Eltern, die es nötig hätten, stehen mit leeren Händen da. Viel versprochen, nichts gehalten. So produziert man allenfalls Windeier, aber keine ernsthafte Familienpolitik. Statt bei jeder Initiative gleich eine familienpolitische Revolution anzukündigen, sollte man lieber ehrlich sagen, was in Zeiten leerer Kassen tatsächlich möglich ist. Dann wäre die Enttäuschung bei Familien nicht so groß. b.wientjes@volksfreund.de

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