Noch eine Reformbaustelle

Die Pflegeversicherung stand lange im Schatten aller Reformbestrebungen. Wegen der vergleichsweise üppigen Finanzreserven sah die rot-grüne Vorgängerregierung keinen Handlungsbedarf. Mit politischer Weitsichtigkeit hatte das nichts zu tun.

Wohl aber mit einer Ignoranz der Realität. Die Leistungen der Pflegeversicherung sind seit ihrer Einführung im Jahr 1995 unverändert geblieben. Deshalb müssen immer mehr Pflegebedürftige von Sozialhilfe leben. Dabei war die Pflegeversicherung angetreten, um gerade diese Entwicklung einzudämmen. Rund zwei Millionen Menschen beziehen heute staatliche Pflegeleistungen. Prognosen zufolge wird sich diese Zahl bis 2050 verdoppeln. Schon deshalb schreit die Pflegekasse geradezu nach einer Reform. Union und SPD wollen sich dieser Aufgabe nun stellen. Zur Wahrheit und Klarheit gehört aber die Kehrseite der Medaille. Wenn Gesundheitsministerin Ulla Schmidt erklärt, von Beitragserhöhungen sei in der Koalitionsvereinbarung keine Rede, dann heißt das noch lange nicht, dass man einfach daran vorbei käme. Natürlich ist die Diskussion in diesen Tagen wenig opportun. Gerade erst wurde uns die Hiobsbotschaft steigender Krankenkassenbeiträge serviert. Das will erst einmal verkraftet sein. Wenn alte Leute auch in Zukunft menschenwürdig leben sollen, dann liegt es allerdings auf der Hand, dass der Finanzbedarf der Pflegekasse steigt. Schwarz-Rot muss den Menschen reinen Wein einschenken. Das bedeutet: Wir werden in Zukunft auch für die Pflegeversicherung tiefer in die Tasche greifen müssen. Ob in Form höherer Beiträge oder einer obligatorischen Zusatzpolice, das macht für die Bürger am Ende keinen Unterschied. nachrichten.red@volksfreund.de

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