Notwendige Korrekturen

Wohin der Zug im Gesundheitswesen fahren wird, ist noch unklar. Die Koalitionsverhandlungen zum Thema Gesundheit sind festgefahren. Union und SPD streiten sich über die Finanzierung der Krankenkassen.

Nur eins ist klar: Eine echte Reform wird es wieder nicht geben. Der nötige Systemwechsel bleibt aus. Beide Parteien haben ihre Konzepte einer Bürgerversicherung oder einer Kopfpauschale wieder eingemottet. Dazu fehlt mal wieder der Mut. Daher wird sich nichts Grundlegendes am deutschen Gesundheitswesen ändern. Um das System überhaupt noch finanzierbar zu machen, müssen Ausgaben etwa bei Arzneimitteln deutlich gesenkt und die Patienten noch stärker zur Kasse gebeten werden. Die Einführung einer stärkeren Eigenbeteiligung der Versicherten war der richtige Weg, die Kassen konnten dadurch mächtig sparen. Doch es steht zu befürchten, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist. Die Belastungen der Kranken werden steigen. Und dadurch werden zunehmend Menschen von der medizinischen Versorgung ausgegrenzt, weil sie sie sich nicht mehr leisten können. Denn echte Härtefälle sind im Gesundheitswesen nicht vorgesehen. Und von denen gibt es immer mehr. Die Leistungen für sozial Schwache sind angesichts leerer öffentlicher Kassen radikal gekürzt worden und werden wohl weiter herunter gefahren. Das kann man beklagen, ändern lässt sich daran nichts. Nur sollte man sich endlich auch eingestehen: Die Armut in Deutschland wächst, dank Hartz IV und lahmender Konjunktur. Es wird immer einen Bodensatz von Armen geben. Auch das kann man beklagen, aber auch daran lässt sich nichts ändern. Und arm ist man nicht erst, wenn man nichts mehr zu essen hat. Arm ist man, wenn man am Existenzminimum leben muss und dadurch finanziell und sozial ausgegrenzt ist. Allerdings kann es nicht sein, dass ein reiches Land wie Deutschland jemanden von medizinischen Leistungen ausgrenzt. Die Gesundheitspolitiker haben es in der Hand, Korrekturen vorzunehmen. Sie müssen die Balance finden zwischen notwendiger Eigenbeteiligung und echten Härtefällen. Ein Arztbesuch darf nicht vom Geldbeutel abhängen. Gesundheit darf nicht arm machen. b.wientjes@volksfreund.de

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