Notwendiges Signal

Wenn Kommissar Schimanski einst im Tatort den renitenten Verdächtigen beim Verhör am Kragen packte und drohend die Faust ausfuhr, um ihn zu zwingen, etwas preiszugeben, dann konnte er sich der Sympathie der Zuschauer sicher sein. So ist es wohl auch beim Frankfurter Vize-Polizeipräsidenten Daschner, der, um das Leben eines Kindes zu retten, dem Entführer mit Folter drohte. Doch Sympathie und Recht sind zwei paar Schuhe. Folter ist unter zivilisierten Menschen als Instrument staatlichen Handelns nicht diskutabel. Egal unter welchen Umständen. Wer diesen Deckel aufmachen will, muss auch sagen, wer wann in welcher Form die systematische Misshandlung eines Menschen als rechtliche Handlung verantworten sollte. Das Grundgesetz lässt in dieser Frage zu Recht keinen Millimeter Spielraum. Eine Aufweichung von Prinzipien an dieser Stelle hätte die Erosion unseres gesamten Rechtssystems zur Folge. Deshalb führt an einer Anklage gegen Daschner und seinen Kollegen kein Weg vorbei. Sie signalisiert deutlich, dass es keine staatlich sanktionierten Ausnahme-Situationen gibt, die es erlauben, Menschenrechte einfach außer Kraft zu setzen. Wie über die individuelle Schuld und ein mögliches Strafmaß entschieden wird, steht auf einem anderen Blatt. Das zuständige Gericht wird nach Prüfung und Wertung des konkreten Verhaltens und der Beweggründe urteilen. An dieser Stelle kann und muss einfließen, dass der Polizist nach allem, was man weiß, nicht leichtfertig und in Rambo-Manier gehandelt hat. Und hier kann auch berücksichtigt werden, unter welchem unerträglichen Druck agiert wurde. Die Strategie der Staatsanwaltschaft, das "mildere" Delikt anzuklagen, ist ein kluger Weg. Sie zeigt klare Grenzen für das polizeiliche Handeln auf, lässt dem Gericht aber nach unten und oben Spielraum für ein Urteil, das den Menschen gerecht wird, die auf der Anklagebank sitzen werden. d.lintz@volksfreund.de

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