Ohne Mut

Der große Wurf wird es mal wieder nicht. Erneut läuft es bei der Gesundheitsreform auf einen Kompromiss hinaus: ein wenig Bürgerversicherung hier, ein bisschen Kopfpauschale dort, noch einen Gesundheits-Soli dazu - fertig ist die zusammengeflickte Reform.

Es ist zu erwarten, dass der Misch-Masch und die Einführung eines noch völlig unklaren Gesundheitsfonds das System noch komplizierter, bürokratischer und undurchschaubarer machen wird. Den Reformern geht es wie bereits beim hastig zusammengeschusterten Vorgänger-Modell in erster Linie um die Entlastung der Arbeitgeber, die Lohnnebenkosten sollen runter, Arbeit soll billiger werden. Vordergründig werden damit auch die Beitragszahler entlastet. 1,5 Prozent sollen sie weniger zahlen. Doch gleichzeitig werden die Steuern deutlich erhöht. Ein Nullsummenspiel. Dabei ist der Ansatz, Kinder aus gesetzlichen Krankenkassen herauszunehmen und ihre Beiträge über Steuern finanzieren zu lassen, gut. Familienunterstützung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Doch bislang waren alle Finanzierungsmodelle über Steuererhöhungen wenig erfolgreich, wie die vor sechs Jahren eingeführte Ökosteuer, die die Senkung der Rentenbeiträge ermöglichen sollte. Oder die Erhöhung der Tabaksteuer, die einen Zuschuss für die Krankenkassen ergeben sollte und in zwei Jahren bereits wieder abgeschafft wird. Das alles zeigt, wie ideenlos die Politik mittlerweile ist. Unklar bleibt auch, wo das Mehr an Wettbewerb in dem neuen System liegen soll. Die Leistungen der gesetzlichen Kassen unterscheiden sich kaum. Und der Mut, die privaten Versicherungen abzuschaffen, fehlt. Von dem großen Reformeifer und -mut, mit dem die große Koalition in die Reparatur einer ihrer größten Baustellen gegangen ist, ist wenig zu erkennen. Vieles deutet wieder auf Flickschusterei hin. b.wientjes@volksfreund.de

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