Ohne Wert

Man stelle sich einmal vor, ein deutscher Minister würde eines schwerwiegenden Vergehens beschuldigt – und ein führender Mitarbeiter dieses Politikers erklärte dann treuherzig: Uns trifft natürlich keine Schuld.

Man stelle sich einmal vor, ein deutscher Minister würde eines schwerwiegenden Vergehens beschuldigt – und ein führender Mitarbeiter dieses Politikers erklärte dann treuherzig: Uns trifft natürlich keine Schuld. Dies mag den Wert jener internen Untersuchung erklären, die gestern aus dem Hause Rumsfeld dem US-Senat vorgelegt wurde. In dem Schlussbericht wird sowohl Rumsfeld wie auch den Mitarbeitern des Weißen Hauses der Rücken gestärkt: Niemand habe von oben mit entsprechenden Anordnungen dafür gesorgt, dass bei Verhören im Irak und in Afghanistan zu teilweise mittelalterlichen Folter-Methoden gegriffen wurde. Der einzige Fehler sei gewesen, dass man vielleicht nicht klar genug gemacht habe, was erlaubt und was nicht erlaubt gewesen sein. Doch gerade letzteres scheint offenbar von vornherein die Absicht gewesen zu sein: Dem Vernehmungspersonal bewusst Spielraum zu lassen, um sich damit selbst möglichst politisch unangreifbar zu machen. Doch es gibt mittlerweile zu viele Fakten, die klar belegen, wie sehr beispielsweise Donald Rumsfeld an Verhören interessiert war, die Antworten brachten und bei denen am Ende doch die Techniken in eine Art Folter mündeten. Verräterisch hierbei ist vor allem seine Notiz an Mitarbeiter, in der Rumsfeld stundenlanges Verharren in schmerzhaften Positionen mit der jovial-zynischen Bemerkung forderte, er selbst stehe ja auch stundenlang an seinem Pult. Und: Wenn der Verteidigungsminister und seine Kollegen im Bush-Kabinett denn wirklich so an einem menschenwürdigen Umgang mit Gefangenen interessiert sind – warum gibt es dann immer wieder glaubwürdige Berichte über den "Export" von Terrorverdächtigen in Länder, wo Misshandlungen und Folter zum Standard bei Verhören zählen? nachrichten.red@volksfreund.de

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