Operation ohne Befund

Bevor ein Chirurg zum Skalpell greift, hat der Doktor den Patienten genauestens untersucht. Erst wenn feststeht, dass es tatsächlich etwa ein entzündeter Blinddarm ist, der da im Unterbauch zwickt und zwackt, kommt der Kranke auch auf den Operationstisch.

Bevor ein Chirurg zum Skalpell greift, hat der Doktor den Patienten genauestens untersucht. Erst wenn feststeht, dass es tatsächlich etwa ein entzündeter Blinddarm ist, der da im Unterbauch zwickt und zwackt, kommt der Kranke auch auf den Operationstisch. Im Fall des ehemaligen Trierer Polizeipräsidiums läuft das Prozedere etwas anders ab. Zwar ist klar, dass mit dem 70er-Jahre-Gebäude beziehungsweise den Beschäftigten, die darin arbeiten, irgend etwas nicht in Ordnung ist. Doch sämtliche Untersuchungen liefen bislang ins Leere. "Kein Befund", lautete die bis dato einhellige Diagnose aller Experten. Trotzdem wird der "Patient" jetzt flugs in den Operationssaal geschoben. Erst müssen die Mitarbeiter raus aus dem Bau, dann die Fußböden, obwohl es bislang keinerlei gesicherte Erkenntnisse darüber gibt, dass der Belag tatsächlich schuld ist an den Massenerkrankungen. Mit Logik hat das wenig zu tun, mehr schon mit Aktionismus nach dem Motto: "Entfernen wir mal den Blinddarm, dann wird's dem Patienten schon besser gehen." Es ist verständlich, dass sich Triers Polizeipräsident Manfred Bitter und der Chef des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung derzeit genauso unwohl fühlen in ihrer Haut wie die erkrankten Beschäftigten. Von den beiden wird die rasche Beseitigung eines seit Monaten währenden Problems erwartet, dessen Ursache (noch) niemand kennt. Kein beneidenswerter Job. Die Reaktion der Verantwortlichen erinnert jedoch an den Arzt, der statt echter Medikamente wirkstofflose Placebos verordnet. Immerhin: Manchmal helfen die ja auch. r.seydewitz@volksfreund.de

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