Operation steht an

Luxemburgs Krankenkassen zahlen mehr Krankengeld aus, als sie in Beiträgen einnehmen. Und griffe der Staat ihnen nicht bei der Finanzierung von Medikamenten und Behandlungen unter die Arme, hätte das Gesundheitssystem längst Bankrott anmelden müssen. Diese Entwicklung hält bereits seit Jahren an und wird sich - allen beschworenen Hoffnungen der drei Verhandlungspartner Regierung, Gewerkschaften und Arbeitgeber zum Trotz - auch so bald nicht ändern. Was in Deutschland teilweise schon schmerzhaft diskutiert und vereinbart wurde, wird Luxemburg nicht weniger hart treffen. Im Gegenteil. In einem Land, dessen Wirtschaft in den vergangenen 15 Jahren so boomte, dass es sich Arbeitnehmer leisten können, mit Mitte 50 in Rente zu gehen oder Arbeiter noch zu 100 Prozent Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erhalten, wäre jeder Abstrich verkraftbar, für die drei Verhandlungspartner aber unmöglich. Zu ungern möchte man Pfründe des Wohlstands aufgeben, um im Gegenzug ein System zu retten, das alle, Arbeiter und Angestellte, großzügig versorgt. Wohltaten auch in wirtschaftlich schwacher Zeit zu verteidigen mag zwar nobel sein und den Wunsch niedriger Lohnnebenkosten berücksichtigen, ist aber nicht aufrecht zu erhalten. Reformen müssen her. Vor allem, da das luxemburgische Gesundheitssystem durch die Vernetzung der Wirtschaft im Grenzraum keine Insel mehr ist. Ob die Studie der Krankenkassenunion UCM nun stimmt und Grenzgänger - darunter auch 18 000 Deutsche - wirklich häufiger krank sind als Luxemburger, sei dahingestellt. Fakt ist aber: Integration von Leben und Arbeit in Grenzräumen stößt bei verschiedenen Sozialsystemen irgendwann an ihre Grenzen - so auch zwischen Deutschland und Luxemburg. Die Pendler wissen davon ein Lied zu singen. Eine schwere Operation ist also nötig. Zu lange sollte sie aber nicht aufgeschoben werden, sonst kommt es zum Notfall. s.schwadorf@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort