Opfer in eigener Sache

Die SPD droht zum Opfer der eigenen Oppositionsreflexe zu werden. Schon beim Anzetteln ihrer Unterschriftenkampagne für einen gesetzlichen Mindestlohn rätselten viele, gegen wen die Aktion wohl gerichtet sei.

Als Regierungspartei haben es die Sozialdemokraten schließlich selbst in der Hand, für Abhilfe zu sorgen. Inzwischen zimmerte die Linkspartei aus dem Aufruf einen Antrag, über den nun der Bundestag abstimmen wird. Auch die Union sah keinen Anlass, dem Koalitionspartner aus der ideologischen Klemme zu helfen und das Thema von der Tagesordnung zu canceln. Die Kauders und Ramsauers empfinden im Gegenteil viel Schadenfreude.So kommt die SPD von allen politischen Seiten unter Druck. Stimmt sie dagegen, könnte auch die Union behaupten, dass es dem Regierungspartner mit dem Mindestlohn wohl nicht so wichtig sei. Ein Votum dafür hieße gemeinsame Sache mit den Linkspopulisten zu machen, was der SPD ebenfalls wie ein Klotz am Bein hinge. Dabei möchte auch die Union das ungeliebte Mindestlohn-Thema endlich vom Tisch haben. Denn als Mobilisierungspotenzial in Wahlkämpfen taugt es allemal. Und im kommenden Jahr stehen Urnengänge in Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Bayern an. Daraus erklären sich auch die zarten Kompromiss-Signale an die Sozialdemokraten: flächendeckender Mindestlohn nein, aber dafür mehr allgemein verbindliche Lohnuntergrenzen, die die Tarifpartner branchenweise aushandeln. Auf diese Minimallösung werden die Sozialdemokraten wohl eingehen müssen, wollen sie am Ende nicht ganz mit leeren Händen da stehen. Für die Linkspartei bleibt trotzdem genug Stoff zum Nörgeln. Wie sich die SPD beim Mindestlohn auch dreht und wendet, ihre Lage ist wenig beneidenswert.

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