Orientierungslos

Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln: Was sich der scheidende und neuerdings wieder weiter amtierende bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber an Kapriolen leistet, spottet jeder Beschreibung.

Seit Wochen schon trudelte der CSU-Grande wie orientierungslos zwischen seiner heimeligen Alpenrepublik und dem politisch so verlockenden Berlin hin und her; in der Hauptstadt einen Fuß in der Tür, während Stoiber gleichzeitig aufpasste, dass die in München nicht ins Schloss fiel. An so einem Spagat hätte Turnvater Jahn seine helle Freude gehabt. Dass sich Stoiber - kurz vor Toreschluss - noch einmal umentschieden hat, und er nun doch in seine Staatskanzlei zurückkehrt, hat nichts mit den jüngsten Entwicklungen in der SPD-Spitze zu tun. Münteferings Rücktritt kam ihm nur als willkommene Ausrede gelegen. Der wahre Grund: Noch bevor die große Koalition in trockenen Tüchern ist, bekam der von seinen Anhängern in Bayern gefeierte Star-Violinist zu spüren, dass er in Berlin allenfalls die zweite Geige spielt. Mit seinem Ansinnen, der designierten Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) Kompetenzen streitig zu machen, war Beinahe-Wirtschaftsminister Stoiber letztlich am Widerstand der ungeliebten CDU-Vorsitzenden Angela Merkel gescheitert. Wie weiland Oskar Lafontaine stiehlt sich der Unterlegene nun aus der Verantwortung und leckt in Bayern seine Wunden. Doch auch dort sinkt Stoibers Stern. Längst hat in München das Gerangel um die Nachfolge begonnen, selbst ehedem Getreue sind mittlerweile Stoibers politische Alleingänge und Kapriolen leid. Und auf der Berliner Bühne taugt er allenfalls noch für den Pausenclown. r.seydewitz@volksfreund.de

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