Panik hilft keinem

Es gibt Situationen, aus denen führt, wenn man sich erst einmal hineinbegeben hat, kein anständiger Weg mehr heraus. So ist das mit der militärischen Präsenz in Afghanistan. Hält man sie aufrecht, dann werden deutsche Soldaten immer mehr zum Spielball einer eskalierenden Situation. Zieht man ab, dann bleibt ein Land im völligen Chaos zurück, und eine Hölle für die dort lebenden Menschen.

In Deutschland wächst im Vorfeld der Parlamentsentscheidung über eine Verlängerung des Mandates der Anteil jener, die sich fragen, was wir in Afghanistan sollen, wo uns das doch scheinbar nichts angeht. Ein Denk-Ansatz, der zu kurz greift. Die Zustände in diesem Land hängen eng damit zusammen, dass es in Zeiten des Kalten Krieges von West und Ost als strategisches Kampfgebiet und als Ersatz-Austragungsfeld für Konflikte aufs Schändlichste missbraucht worden ist. Die BRD auf der einen und die DDR auf der anderen Seite waren dabei treue Vasallen von Nato und Warschauer Pakt samt ihren Führungsmächten. Den Sumpf aus Taliban und Warlords haben wir Deutschen kräftig mitgedüngt, da dürfen wir uns um die Hilfe beim Austrocknen nicht drücken. Ausgerechnet Linke und Grüne haben die meiste Mühe, das zu begreifen.

Die Verpflichtung zu helfen, gilt dabei keiner Gruppierung, sondern den Menschen. Jeder gebaute Brunnen, jede eingerichtete Schule, jede Krankenstation hilft ihnen. Das spricht, mit allen Bauschschmerzen, die das verursacht, für eine Verlängerung des Mandates. Denn ohne Militär werden die Taliban keine Hilfe zulassen.

Man hat diesen Gegner offenbar unterschätzt. Dumpfe, vollbärtige Fundamentalisten, die in Berghöhlen hausen: Dieses Zerrbild war allzu willkommen, um Ressentiments zu schüren. Nun erweisen sie sich als zähe, taktisch agierende, zunehmend geschickt die Gesetze moderner Kommunikation nutzende Kämpfer. Und wir fallen auf ihre Verunsicherungs-Strategie herein, indem wir nervös und panikartig auf jede Nachricht aus Kabul reagieren, sobald ein deutscher Name im Spiel ist.

Stattdessen wäre es sinnvoller, den militärischen Einsatz mit überzeugenden, langfristig angelegten politischen Konzepten zu koppeln, deren Umsetzung international kontrolliert wird - und das auch gegenüber den Nato-Freunden zur Bedingung für die Fortsetzung des Engagements zu machen. Den Amerikanern beim Herr-im-Haus-Spielen zu helfen, dafür sind deutsche Soldaten zu schade.

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