Panik nein, Diskussion ja

Die Erde ist rund, der Himmel ist blau. Und Jod ist gesund. Dass dieser Stoff dem Körper gut tut, galt bislang als unumstößlich. Kein Wunder also, dass die Thesen der Jod-Kritiker eine Menge Zündstoff bergen!

Entsprechend leidenschaftlich wird die Diskussion geführt: Jodbefürworter und -kritiker schlagen sich die Argumente mit einer Vehemenz um die Ohren, dass Außenstehende nur staunen können. Und anschließend nicht schlauer sind als vorher: Wem sollen sie denn nun glauben? Das Hauptproblem: Die Datenlage ist dünn. Flächendeckende Erhebungen über den Jodgehalt von Lebensmitteln oder die Jodversorgung der Bevölkerung existieren entweder gar nicht oder sind veraltet. Selbst das Robert-Koch-Institut kritisiert, dass die Jodierung von Nahrungsmitteln nicht ausreichend medizinisch begleitet und kontrolliert wird. Den Streit abschließend zu beurteilen, ist deshalb unmöglich. Einiges deutet allerdings darauf hin, dass die Wahrheit, wie so oft, in der Mitte liegt. Der Arbeitskreis Jodmangel geht zu weit, wenn er Erkrankungen durch Jod als Hirngespinste abtut. Bei Milch mit Jodgehalten von bis zu 490 Mikrogramm pro Liter wird die von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlene Tagesdosis von 200 Mikrogramm leicht um ein Vielfaches überschritten, wenn Milch, Joghurt, Käse und Butter auf dem Speiseplan stehen - Jod aus Fleisch, Salz und Tabletten kommt oft noch hinzu. Nach WHO-Einschätzung liegt ein Wert von 300 Mikrogramm pro Liter "an der Grenze zu einem Bereich, in dem für empfindliche Personen das Risiko einer Erkrankung steigt". Erwähnt werden muss auch, dass dem Arbeitskreis Jodmangel immer wieder enge Beziehungen zur Salz- und Pharma-Industrie nachgesagt werden - gerade erst berichtete der WDR über eine entsprechende Unterstützung. Auch die Jod-Kritiker schießen weit über das Ziel hinaus. Jod-befürwortende Mediziner als korrupt und ihre Patienten wissentlich falsch informierend darzustellen, ist ebenso abstrus, wie Jod für jede Krankheit von der Akne bis zum Krebs verantwortlich zu machen. Noch etwas muss im Auge behalten werden: Selbst nach Einschätzung von Jod-kritischen Ärzten reagiert mit maximal zehn Prozent ein relativ geringer Teil der Bevölkerung empfindlich auf Jod. Es gibt also keinen Grund, in Panik zu verfallen. Wohl aber, mit Nachdruck umfassende Studien und eine offene, nicht-ideologisierende Diskussion über dieses Thema zu verlangen. i.kreutz@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort