Planlos

Auch in Berlin wird man mit besonderem Interesse auf die soeben begonnene Nahost-Mission von US-Außenministerin Condoleezza Rice blicken. Denn Präsident George W. Bush hat der Bundeskanzlerin bekanntlich zugesagt, Rice werde auch ihr von den Ergebnissen "berichten" - was am Donnerstag geschehen soll.

Doch einiges spricht bereits jetzt dafür, dass es - wenn überhaupt - nur wenige substanzielle Fortschritte in einer Region geben wird, die einem Pulverfass gleichkommt. Das liegt an mehreren Faktoren: Zum einen kommt die aufgewärmte Idee Washingtons, den Palästinensern einen provisorischen Staat zu verschaffen, angesichts der erbitterten Machtkämpfe zwischen Hamas und Fatah viel zu früh. Auch ist es an der Zeit zu fragen, ob es Sinn macht, dass die USA fast einen dreistelligen Millionenbetrag in die Koffer von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas pumpen wollen, um dessen Garde zu stärken. Abbas gilt zwar in westlichen Politikerkreisen und Medien allgemein als "gemäßigt", doch beim einem wichtigen Element der so genannten "roadmap" des Nahost-Quartetts - der Entwaffnung radikaler Milizen - hat Abbas bisher kläglich versagt. Noch immer gibt es zum einen in den von Palästinensern bewohnten Gebieten kein Durchgreifen gegen Raketen-Abschüsse, so dass Israel weiter zur Selbstverteidigungs-Aktionen gezwungen ist. Washington sollte deshalb von Abbas vor dem Ausstellen von Schecks klare Zusagen verlangen. Zum anderen ist auch der Siedlungsbau der Israelis im Westjordanland einer Annäherung beider Seiten nicht förderlich - von der politischen Schwäche des angeschlagenen israelischen Premierministers Olmert ganz zu schweigen. Rice, die offen einräumte, ohne einen neuen Plan ihre Reise angetreten zu haben, wird deshalb auch bei ihrem ebenfalls geplanten Abstecher in arabische Staaten nicht mehr tun können als auf den guten Willen Washingtons bei der Friedenssuche zu verweisen. Wobei eines klar scheint: Solange das Irak-Dilemma für Bush & Co. die Tagesordnung dominiert, solange dürfte das Weiße Haus die Palästinenserfrage auf Sparflamme köcheln lassen. nachrichten.red@volksfreund.de

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