Politik im Angesicht des Bösen

Die Situation erinnert an Horrorfilme. Draußen lauert eine unbekannte Gefahr, die sich einen nach dem anderen holt. Drinnen zerfällt die Gemeinschaft angesichts der Bedrohung immer mehr. Hysterie, Apathie, Aggression und Verdrängung machen sich breit. Das Böse siegt.

 Werner Kolhoff.

Werner Kolhoff.

Foto: Iris Maurer

Ist der Terrorismus dabei, sich die deutsche Gesellschaft zu holen? Die Politik hat er schon. Wenn nur ein Fünkchen Wahrscheinlichkeit besteht, dass Terroristen die laufenden Debatten beobachten, dann wissen sie, wie uneins, verunsichert und verwundbar dieses Land jetzt ist. Deutsche Innenpolitiker jeder Couleur weisen sie jeden Tag darauf hin. Fakt ist: Die Terroristen haben es mehrfach versucht in Deutschland. Sie wollten Hunderte Zufallsopfer in den Tod schicken, Männer, Frauen, Kinder. Und sie werden es wieder versuchen. Nach dem Scheitern erst recht. Das Böse da draußen ist real. Die Angst der Menschen auch. Drinnen aber haben wir einen Verteidigungsminister, der über theoretische Situationen nachdenkt und sagt, er würde den Befehl zum Abschuss eines entführten Passagierflugzeugs geben, das als Terrorwaffe dient. Obwohl das Verfassungsgericht dies glasklar verboten hat. Zum ersten Mal erklärt damit ein Verfassungsorgan, dass es das Wort des höchsten Gerichts nicht akzeptieren würde. Wir haben einen Innenminister, der unbedingt die rote Linie des Einsatzes der Bundeswehr im Innern überschreiten will und dazu immer neue Horror-Szenarien an die Wand malt. Er wird die nötige Mehrheit nie erreichen, aber steigert die Hysterie. Wir haben eine SPD, die den Bewahrer des freiheitlichen Rechtsstaats mimt, und deren Justizministerin alles bremst. Das ist pharisäerhaft, denn die SPD war es, die einst das verfassungswidrige Luftsicherheits-Gesetz beschloss.

Nur der Wimpernschlag eines falsch gelegten Kontakts in Koblenz und Dortmund trennt Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Chef Kurt Beck, die beiden hauptverantwortlichen Politiker in Deutschland, bisher von der realen Katastrophe. Und schon glauben sie, dieses widerliche parteipolitische Spiel treiben lassen zu dürfen, das da lautet: Wer ist schuld, wenn etwas passiert?

Es ist allerhöchste Zeit, dieses Spiel zu beenden. Merkel und Beck müssen ihre Verantwortung jetzt wahrnehmen und schnell für einen Konsens sorgen, der den Terroristen die Antwort gibt, die sie brauchen: Diese Gesellschaft wird auf die Bedrohung ge- und entschlossen reagieren. Und sich nicht kaputtmachen lassen.

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