Politik mit der Angst

London: Bilder von spektakulären Razzien sind zu sehen, dann die Erfolgsmeldung - die britische Polizei hat 13 Verdächtige asiatischer Herkunft festgenommen. Ihnen wird die "Vorbereitung terroristischer Taten oder die Anstiftung dazu" vorgeworfen.

Washington: Die Sicherheitsstufe wird erhöht, schwer bewaffnete Polizisten ziehen vor Banken und öffentlichen Gebäuden auf - es gibt neue Erkenntnisse zur terroristischen Bedrohung. Berlin: Innenminister Otto Schily beharrt auf seiner Idee, Flüchtlingslager in Nordafrika einzurichten. Zeitgleich sehen wir Bilder von ausgehungerten Bootsflüchtlingen, die aus Nordafrika nach Europa drängen. London, Washington, Berlin - auf den ersten Blick sind das ganz verschiedene Nachrichten dieser Tage. Doch sie haben einige Gemeinsamkeiten. Da ist zunächst das Bild, das entstehen soll: Die Regierung greift hart durch, ist wachsam und vorausschauend. Ob bei Terroristen oder angeblich drohenden Asylantenströmen. Die gemeinsame Botschaft: Die Menschen sollen sich bei ihren Regierenden in guten Händen fühlen. Nun wäre dagegen soweit nichts einzuwenden. Doch in den USA hat sich der größte Teil der angeblich neuen Erkenntnisse als alt erwiesen. In London sind bei Razzien seit September 2001 insgesamt schon 562 Menschen unter Terrorverdacht festgenommen worden. Nur 14 wurden verurteilt - zumeist wegen Kreditkartenbetrugs. Und von einem Asylantenstrom in Deutschland kann keine Rede sein. Seit Jahren sinkt die Zahl der Asylbewerber, im ersten Halbjahr 2004 waren es wieder 30 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. London, Washington, Berlin: Was alle Hauptstädte eint, ist die Methode, mit der eisernen Hand bei Bürgern (und Wählern) punkten zu wollen - auch um den Preis der Wahrheit. Die Angst der Menschen als Mittel der Politik - sie ist selbst ein beängstigendes Phänomen. m.schmitz@volksfreund.de

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