Radikale Einschnitte

BERLIN. ,,Freiheit statt Gleichheit, Wettbewerb statt Regulierung, Aufbruch statt Verzagtheit, Bürgerverantwortung statt Bevormundung", unter diesen Schlagworten stellte der Wirtschaftsrat der CDU gestern seine Forderungen für eine vorgezogene Bundestagswahl am 18. September vor.

Statt polemisch über Kapitalismus, Globalisierung oder Neoliberalismus herzufallen und dabei Investoren zu verschrecken, müsse alles, was Wachstum und Arbeitsplätze schaffe, endlich wieder Vorrang erhalten, forderte Kurt Lauk, der Präsident des einflussreichen Wirtschaftsflügels der Union, dem bundesweit über zehntausend Unternehmer und zahlreiche prominente Politiker angehören. Auch der Finanzexperte Friedrich Merz (CDU) und der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Michael Glos, sitzen im Präsidium des Wirtschaftsrates. ,,Höhere Löhne bringen in der jetzigen Situation gar nichts", so Lauk gestern in Berlin. Es sei ein großer Irrtum, dass höhere Löhne zu mehr Kaufkraft führten und so die Binnenkonjunktur ankurbelten. Das Geld sei heute verfügbar, aber die Menschen hätten vor allem Angst vor einem Arbeitsplatzverlust und sparten ihr Geld lieber, statt zu konsumieren. Deshalb sei dass wichtigste nach der Wahl, dass in Deutschland wieder mehr Vertrauen in die Zukunft geschaffen werde. Zugleich sprach sich der CDU-Wirtschaftsrat für eine radikale Kehrtwende in der Tarif-, Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik sowie für drastische Einschnitte ins soziale Netz aus. Lauk: ,,Wir können uns die kostspieligen Sozialgesetze einfach nicht mehr leisten." Nunmehr sei mehr Kapitaldeckung und Eigenverantwortung zwingend nötig. Für die ersten 100 Tage nach der Wahl müsse ein Sofortprogramm her. Die Arbeitsmarktpolitik müsse gestrafft und der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung auf fünf Prozent gesenkt werden. Durch eine Lockerung des Kündigungsschutzes sollen die Beschäftigungschancen für Geringqualifizierte verbessert werden. Der Niedriglohnsektor müsse ausgeweitet und ein Kombilohn und untertarifliche Entlohnung von Langzeitarbeitslosen eingeführt werden. Nachdrücklich sprach sich Professor Lauk auch dafür aus, "betriebliche Bündnisse für Arbeit ohne Gewerkschaftsveto durchzusetzen", so dass sich die Gewerkschaften nicht mehr gegen die Interessen der Belegschaft querstellen könnten. Unter dem Stichwort ,,Nationaler Stabilitäts- und Wachstumspakt" setzt sich der Wirtschaftsflügel der Union auch dafür ein, sofort nach der Wahl eine Haushaltssperre zu verhängen und zügig ein Haushaltssicherungsgesetz vorzulegen, um dann in ein ,,solides Konzept für den Abbau der Neuverschuldung" einzusteigen. Bund, Länder und Gemeinden müssten ihre Neuverschuldung bis 2010 auf Null zurückführen. Das deutsche Steuerrecht sei im Übrigen ,,chaotisch. Es bestraft Leistung, belohnt Trickser und bremst mögliches Wachstum". Deshalb sei auch eine große Steuerreform zwingend notwendig, bei der alle ,,Privilegien und Abzugsbeiträge abzuschaffen sind". Dies betreffe auch die Eigenheimzulage. Damit, so Lauk, würden zugleich alle 163 Steuerschlupflöcher geschlossen. Im Rahmen einer Steuerreform könne man dann über die Mehrwertsteuer reden. In seinem Sofortprogramm fordert der Wirtschaftsrat außerdem, die "Innovationsblockaden" bei der Gendiagnostik, der Pharma- und der Stammzellenforschung aufzulösen und auch der Kernenergie eine neue Chance zu geben. Am Freitag will der Wirtschaftsrat der CDU seine Forderungen mit Angela Merkel diskutieren. Gestern reagierte die Kanzlerkandidatin zurückhaltend auf die Thesen.

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