Raffkes Ost

Irgendwann ist Schluss mit lustig. Durch ihre Schnapsidee, den Solidarpakt II für den Ausbau Ost in die Verfassung schreiben zu wollen, haben die Ministerpräsidenten Ostdeutschlands den Bogen endgültig überspannt.

Ohnehin verstehen immer weniger Menschen im Westen, dass Jahr für Jahr zweistellige Milliardenbeträge ostwärts wandern, obwohl auch in den alten Ländern alle Kassen geplündert, Länder und Kommunen bis unter die Halskrause verschuldet und öffentliche Einrichtungen in desolatem Zustand sind. Dabei geht es nicht nur um den Solidarbeitrag, der Monat für Monat von den Gehältern der Beschäftigten einbehalten wird, sondern auch um Infrastruktur, um Straßen, Bahnverbindungen, Wasserwege, Innenstädte, deren Ausbau oder Sanierung zugunsten von Deutschland-Ost im Westen entweder gekürzt oder ganz gestrichen wurde. Wenn sich dann noch herausstellt, wie kürzlich geschehen, dass zahlreiche Regierungen in den neuen Bundesländern die Steuermilliarden keineswegs dazu nutzen, um Aufbau Ost zu betreiben, sondern mit dem Geld in erster Linie völlig überzogene Verwaltungsapparate am Leben zu erhalten oder größenwahnsinnige Prestige-Objekte zu finanzieren, dann ist der neueste Erpressungsversuch der ostdeutschen Regierungschefs mit dem Begriff "unverschämte Provokation" noch liebevoll umschrieben. Wer die Neuverteilung der Zuständigkeiten und damit der Macht zwischen Bund und Ländern in einer solchen Art missbraucht, um Fördermilliarden auf Jahrzehnte in Stein zu meißeln, der darf sich andererseits nicht darüber beklagen, dass viele im Westen die Wiedervereinigung Deutschlands nicht mehr als das großartige Geschenk sehen, das sie ohne Zweifel ist - sondern als Belastung, die sie nicht länger zu tragen bereit sind. Auf jeden Fall nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag. Nichts anderes aber würde die Festschreibung des Solidarbeitrags II in der Verfassung bedeuten. Es ist höchste Zeit, dass Regierung, Oppositionsführung und die Ministerpräsidenten West den Raffkes Ost deutlichst erklären, dass es so nicht geht. Wer wirklich will, dass da zusammen wächst, was zusammen gehört, der darf das Rad nicht derart überdrehen, wie das die ostdeutschen Ministerpräsidenten derzeit - hoffentlich erfolglos - versuchen. d.schwickerath@volksfreund.de

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