Realistisch statt geizig

Peer Steinbrück hat allen Spekulationen über die Höhe der zu erwartenden Steuermehreinnahmen ein spektakuläres Ende gesetzt: Eine Woche vor dem offiziellen Ergebnis des zuständigen Schätzerkreises nannte der Bundesfinanzminister eine Zahl, die auch die Prognosen der kühnsten Optimisten weit in den Schatten stellt.

Peer Steinbrück hat allen Spekulationen über die Höhe der zu erwartenden Steuermehreinnahmen ein spektakuläres Ende gesetzt: Eine Woche vor dem offiziellen Ergebnis des zuständigen Schätzerkreises nannte der Bundesfinanzminister eine Zahl, die auch die Prognosen der kühnsten Optimisten weit in den Schatten stellt. Rund 200 Milliarden Euro mehr sollen Bund, Ländern und Gemeinden demnach bis 2011 in die Kassen fließen als noch im Vorjahr erwartet. Allein für Steinbrücks Schatulle wäre das ein unverhofftes Plus von 90 Milliarden. Das klingt wahrlich gigantisch.Wer jetzt erneut nach Steuersenkungen ruft und den politischen Wunschkatalog um weitere Ausgabe-Ideen bereichert, der streut der Bevölkerung allerdings Sand in die Augen. Wie würde ein verantwortungsbewusster Privathaushalt mit einer ungeahnten Geldschwemme umgehen? Auf jeden Fall erst einmal seine Schulden begleichen. Davon hat auch Steinbrück jede Menge. Dass der Bund trotz des deutlichen Überflusses auch noch in den nächsten Jahren neue Kredite benötigt, wirft ein Schlaglicht auf den zerrütteten Zustand der Staatsfinanzen. Einen Bundeshaushalt ohne neue Schulden gab es zuletzt 1969. Erst wenn zumindest dieser Zustand wieder hergestellt ist, lässt sich auch seriös über Steuererleichterungen diskutieren.

Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass Steinbrücks Zahl lediglich eine Erwartung für die nächsten drei Jahre markiert. In dieser Zeit kann noch viel passieren. Wie schnell sich gute Wirtschaftsdaten ins Gegenteil verkehren, musste Steinbrücks Vorgänger Hans Eichel schmerzvoll erfahren. Insofern ist der amtierende Kassenwart nicht geizig, sondern realistisch, wenn er vor überzogenen Erwartungen warnt.

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